Submission — Kornelius Silvan Paede
Nachtrituale oder Oden an Pasithea
21. März 2015 — MYP No. 17 »Mein Ritual« — Text: Kornelius Silvan Paede, Foto: Ulrich Stark
I. TANZTEMPEL
Wie singen die Nachtsirenen so schön -:
am Abend, im Taumel der Frühe, im Nebel des Jetzt.
Wie schön singen sie, und wie schön strömen traurige
Zaghaftigkeiten durch meine Illusion von Versenkung
beim Anblick der totengleichen Adoleszenz.
So schwelgen heute die Parzen im Dämmerlicht -:
schließen die Augen und wogen im Rhythmus der Monotonie.
Sie wenden sich ab von den großen Vorsehungen
und gehen flugs schwanger mit Rauch, Schnaps und Kondensat.
Und ich kann nicht fassen, wie schön der Sirenen Gesang,
wie alle Parzen sich einlullen, selbstvergessen, fast wie im Traum,
und sie tanzen, bis über den Morgen
hinweg wieder hinein in die Nacht und hinauf in gefrorenen Tau.
Und ich tanze vielleicht mit den Parzen, alleine, und weiß nicht
warum oder wie. So sie wissen was wird, müssen sie alles vergessen,
die Welt und den Tag. Und ich bin die ganze verbliebene Zeit
einfach nur dagesessen und hab mich bemüht
auch etwas zu verlieren; und hatte dann in vollem Bemühen
dich schließlich aus meinem Kopf gesoffen, als die Sirenen
endlich verstummten und die Vögel zu singen begannen.
Wie jedes Mal erneut.
II. SOUTERRAIN
Zwanzig vor Drei. Und entweder wispert der Tinnitus
hypochondrisches Delirium herbei, oder es schläft trotzdem keiner.
Und mir fehlen die Worte für das diesige Licht
und die Farbe der Straßenlaternen.
Ich hab eine Projektionsfläche lieb.
Es spiegeln sich nachts alle Lampenschirme
im Fenster. Sie sehen dort aus wie der Mond, selbst mit Vorhof,
nur größer, nur strahlender. Der Mond ist abschaltbar, wie nichts
nach dem Einfall, hineinzuhorchen.
Beim stillen Zerteilen der Ganzheitlichkeit
ist zu wenig vage, lädt man sich auf.
Da windet der Winter und wird aus dem Fenster mich reißen.
Ich hab euch ja kaum halb so fremd wie der Nachtverkehr Liebe.
Kurz nach irgendwas habe ich
noch schnell gute Nacht sagen wollen, und
dass die Laterne jetzt aus ist, genau wie der Mond,
und dass ich schon wieder an wen gedacht habe. D.911
Kornelius Silvan Paede ist 26 Jahre alt, Student und Klangforscher und lebt in Augsburg.