Portrait — Diana Ezerex
Von der Schwere der Vergangenheit
Die deutsche Singer-Songwriterin Diana Ezerex hat sich einer Sache verschrieben, die bereits Johnny Cash ein wichtiges Anliegen war: Sie spielt Benefizkonzerte vor Gefangenen. Die Lebensläufe dieser Menschen haben Diana zu ihrem Debütalbum »My Past’s Gravity« inspiriert, auf dem sie sich ausführlich mit dem Thema Vergangenheit auseinandersetzt – und dabei skizziert, wie schwer das, was mal war, noch heute wiegen kann.
2. Januar 2022 — Text: Jonas Meyer, Fotografie: Steven Lüdtke
»Wenn wir bessere Menschen aus den Gefangenen machen, wird es weniger Verbrechen auf den Straßen geben.«
Als Johnny Cash am Morgen des 13. Januar 1968 den Speisesaal des Folsom State Prison betrat, um vor rund tausend Gefangenen ein Konzert zu spielen, bescherte er nicht nur den Inhaftierten eine Sternstunde. Der Country-Star schrieb mit diesem Auftritt Musikgeschichte, denn er war der Erste, der in einem Gefängnis ein Live-Album aufnahm. Bis heute verkaufte sich „Johnny Cash at Folsom Prison“ mehr als sechs Millionen Mal, die Platte gilt als eines der besten Live-Alben aller Zeiten.
Dabei hatte Cash bei seinem Label Columbia Records jahrelang darum gekämpft, so ein Album überhaupt machen zu dürfen. Zu groß war die Sorge der Plattenbosse, das Ganze würde ein Flop werden. Und dass Cash nach seinem Welthit „Ring of Fire“ im Jahr 1963 in die Drogen- und Medikamentensucht gestürzt und körperlich ein Wrack war, beförderte das Vertrauen auf Seiten der Plattenfirma nicht unbedingt. Doch der Musiker setzte sich am Ende durch, auch mit Hilfe seines neuen Produzenten Bob Johnsten, der an die ungewöhnliche Idee glaubte.
Das Konzert im Januar 1968 war nicht der erste Auftritt des Country-Stars in einer Strafanstalt. Bereits elf Jahre zuvor hatte er in einem Gefängnis ein Konzert gegeben. Johnny Cash hatte immer ein Herz für die Verstoßenen der Gesellschaft und war überzeugt: „Wenn wir bessere Menschen aus den Gefangenen machen, wird es weniger Verbrechen auf den Straßen geben. Dann werden unsere Familien sicherer sein, wenn diese Menschen aus den Gefängnissen entlassen werden.“
»Wir alle können etwas dazu beitragen, dass wir als Gesellschaft stärker werden.«
Gut fünf Jahrzehnte später verfolgt Diana Ezerex ein ganz ähnliches Ziel. Die Singer-Songwriterin aus dem schwäbischen Biberach hat bisher über 23 Konzerte in deutschen Haftanstalten gespielt. Seit ihrer Kindheit engagiert sich die heute 27-Jährige in diversen sozialen Projekten. „Wir alle können etwas dazu beitragen, dass wir als Gesellschaft stärker werden“, lässt sie uns während eines morgendlichen Interviews am Südzipfel des Berliner Gleisdreieck-Parks wissen. Dann fügt sie hinzu: „Es reicht nicht aus, wenn sich nur Sozialarbeiter:innen um andere Menschen kümmern. Wir alle stehen in der Verantwortung – und es gibt so viel zu tun.“
Seit 2019 ist Diana an der Pädagogischen Hochschule Karlsruhe im Masterstudiengang Kulturvermittlung eingeschrieben. „In diesem Studium geht es darum“, erklärt sie, „Kunst, Literatur oder Theater so aufzubereiten, dass dadurch Menschen erreicht werden, die damit sonst keine Berührungspunkte haben. Und das ist wichtig – denn Bildung muss für alle zugänglich sein und darf kein Privileg sein.“
»Wie konnte es passieren, dass diese supernett wirkenden Jugendlichen schon mal im Knast saßen?«
Auf die Idee, Konzerte in Gefängnissen zu spielen, wurde sie allerdings schon während ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs in der Jugendhilfe gebracht. Dort begegnete sie Teenagern, die in ihren jungen Leben bereits eine oder mehrere Haftstrafen verbüßt hatten – und das machte sie neugierig: „Ich habe mich gefragt: Wie konnte es passieren, dass diese supernett wirkenden Jugendlichen schon mal im Knast saßen? Ich wollte mehr über ihre Schicksale herausfinden und erfahren, wie es ihnen in der Haft ergangen ist.“
Dieses Thema ließ Diana nicht mehr los und sie machte sich Gedanken darüber, wie sie mit ihrer Musik jene Menschen erreichen konnte, die im Gefängnis vom Rest der Welt mehr oder weniger abgeschnitten sind. „Anfangs war es pure Neugier“, erzählt die Musikerin. „Dass daraus am Ende ein Herzensprojekt wurde, liegt wohl daran, dass es bisher bei jedem Auftritt mindestens eine besondere Begegnung gab, bei der ich dachte: Es ist genau richtig, was ich hier tue.“
»Musik kann eine Verbindung zwischen Menschen schaffen, deren Lebensrealitäten sich oft fundamental unterscheiden.«
Auch wenn es heutzutage in Männer-, Frauen- und Jugendstrafanstalten diverse kulturelle Angebote gibt, ist Diana immer wieder fasziniert von den positiven Reaktionen der Insass:innen. Denn immerhin prallen da ganz unterschiedliche Lebenswelten aufeinander. „Es erstaunt mich jedes Mal aufs Neue, wie Musik plötzlich eine Verbindung zwischen Menschen schaffen kann, deren Lebensrealitäten sich oft fundamental unterscheiden.“ Sie selbst, so erzählt sie, habe im Gegensatz zu den meisten Inhaftierten das Privileg gehabt, in einem behüteten Elternhaus aufzuwachsen, das Abitur zu machen und zu studieren. Umso schöner sei es, dass dieser Unterschied bei ihren Auftritten keine Rolle spiele.
Und mehr noch: Zwischen ihr und dem Publikum, so sagt sie, entstehe bei den Auftritten immer eine ganz besondere Emotionalität. „Es passiert zum Beispiel nach dem Konzert oft, dass Menschen tief berührt oder sogar weinend auf mich zukommen – Frauen wie Männer. Genauso oft wird aber auch herzlich gelacht. Oder es entwickelt sich plötzlich so etwas wie eine kleine Party, etwa wenn die Sozialarbeiterin einige Percussions und Shaker ins Publikum gibt und wir gemeinsam Musik machen.“ Eine ähnlich euphorische Stimmung erlebte übrigens auch Johnny Cash bei seinem berühmten Konzert im Januar 1968, was sein Live-Album auch heute noch akustisch belegt.
»Was gesellschaftliche Ungerechtigkeiten angeht, bin ich persönlich hochsensibel.«
Das Folsom State Prison in Kalifornien galt damals als härtester Knast der USA. Die Wächter verfolgten eine Null-Toleranz-Politik, viele der Inhaftierten waren aufgrund schwerer und schwerster Delikte zu lebenslangen Haftstrafen verurteilt. Wer vor so einem Publikum auftritt, wird sich irgendwann die Frage gefallen lassen müssen, warum er oder sie ausgerechnet für die Täter:innen spielt – und nicht für die Opfer.
Johnny Cash, der 2003 verstarb, kann darauf nicht mehr antworten. Aber Diana Ezerex. „Diese Kritik ist mir schon begegnet“, sagt sie und gibt zu: „Ich finde die Frage absolut berechtigt. Was gesellschaftliche Ungerechtigkeiten angeht, bin ich persönlich hochsensibel.“ Doch die Musikerin liefert gleich mehrere Gründe, warum sie sich vor fünf Jahren entschieden hat, ihre Musik in deutsche Gefängnisse zu tragen.
Erstens, so erklärt sie, seien viele dieser Menschen selbst auch Opfer, besonders die in den Frauengefängnissen. Im Laufe ihres Lebens hätten sie zum Teil schwere Traumata erlitten, etwa durch Missbrauch, Gewalt oder Verwahrlosung. „Ich erfahre immer wieder von schlimmen, prägenden Ereignissen, die bereits vor langer Zeit den Weg bereitet haben für eine spätere Kriminalisierung“, erzählt Diana.
»Ich weiß nie, ob vor mir ein guter oder ein schlechter Mensch sitzt.«
Zweitens, und da hält sie es ganz mit Johnny Cash, fühle sie sich in der Verantwortung, mit ihrem künstlerischen Engagement etwas zur Resozialisierung dieser Menschen beizutragen – und damit zu verhindern, dass sie erneut zu Täter:innen würden. Da könne Musik gewaltige Brücken bauen.
Drittens habe sie selbst überhaupt kein Recht, über einzelne Personen im Publikum zu urteilen. Oder generell zu entscheiden, wer Zugriff auf Kunst haben dürfe und wer nicht. Denn ganz egal, ob sie in einem Gefängnis, in einem Club oder in einer Konzerthalle spiele, sie könne in niemanden hineinschauen. „Ich weiß nie, ob vor mir ein guter oder ein schlechter Mensch sitzt. Oder ob dieser Mensch etwas angestellt hat oder nicht. Die beste Lösung für mich ist daher, so offen und freundlich wie irgend möglich auf die Leute zuzugehen.“
Ihr viertes Argument zieht sie aus einer Begegnung, die sie 2017 bei einem Benefizkonzert hatte. Dort lernte sie eine junge Frau kennen, mit der sie sich über soziales Engagement unterhielt: „Man allein kann nie die ganze Welt retten“, sagte sie zu Diana, gefolgt von den Worten: „Du musst dir also eine einzelne Sache aussuchen, bei der du glaubst, einen Unterschied machen zu können. Fokussier dich auf diese eine Sache und steck deine ganze Energie rein. Das hilft vielmehr, als überall ein kleines bisschen zu tun.“ Dieses Credo imponierte Diana und sie entschied: „Ich bleibe erst mal beim Gefängnis.“
»Die Vergangenheit hat einen großen Einfluss darauf, wer wir heute sind. Sie beeinflusst unsere Sprache, unsere Handlungen, unsere Gefühle.«
Die eindrücklichen Erlebnisse, die sie während ihres Freiwilligen Sozialen Jahrs und später bei ihren Gefängniskonzerten sammelte, inspirierten die junge Musikerin zu ihrem ersten Studioalbum. Die Platte mit dem Titel „My Past’s Gravity“, die Mitte 2021 erschien, setzt sich ausführlich mit dem Thema Vergangenheit auseinander: „Ich will mit diesem Album zeigen“, erklärt Diana, „dass die Vergangenheit uns alle zurückhalten, sogar hemmen kann. Und dass sie einen großen Einfluss darauf hat, wer wir heute sind und wer wir irgendwann mal sein werden. Die Vergangenheit beeinflusst unsere Sprache, unsere Handlungen, unsere Gefühle.“
Auch wenn das Album kein autobiografisches ist, hat Diana der Blick auf das eigene Leben immens dabei geholfen, die insgesamt 14 Tracks zu konzipieren. „Ich habe reflektiert, wie ich aufgewachsen bin, welche Menschen mich über die Jahre begleitet haben und welchen Ereignissen und Lebensumständen ich ausgesetzt war“, beschreibt sie den Entstehungsprozess. „Dabei habe ich gemerkt“, fährt sie fort, „dass ich das Meiste gar nicht beeinflussen konnte. Ich wurde in mein Leben hineingeboren – wie auch Straftäter:innen irgendwann mal in ihr Leben hineingeboren wurden. Vieles davon konnte ich persönlich nicht steuern. Und wenn es mal eine Situation gab, die ich vielleicht zum Besseren hätte wenden können, habe ich oft impulsiv gehandelt und nicht an die Konsequenzen gedacht. So trifft jeder Mensch im Laufe seines Lebens eine Reihe von Entscheidungen, die er später bereut, ob im Großen – wie etwa bei einer Straftat – oder im ganz Kleinen.“
Aus diesem Grund beschreibt Diana Ezerex in „My Past’s Gravity“ die Vergangenheit als etwas, das es zu überwinden gilt und bei dem man gleichzeitig erkennen muss, wie es die eigene Persönlichkeit geprägt hat. In ihren Songtexten spannt sie daher immer wieder den Bogen zwischen gestern, heute und morgen, reflektiert, verzeiht, schließt ab und schließt auf. Ein Beispiel hierfür ist der Track „Where would I hide“. Während die Erzählerin in den einzelnen Strophen die Vergangenheit rekapituliert und daraus den aktuellen Ist-Zustand herleitet, wird dieser im Chorus aufgebrochen und ein idealer Soll-Zustand beschrieben, der den Weg in eine bessere Zukunft eröffnet.
»Ich wollte, dass sich die einzelnen Songs aneinander reiben.«
Musikalisch bietet Dianas Debutalbum einen unverkrampft und erfrischend wirkenden Ritt durch die Genres. Fühlt man sich an der einen Stelle an frühe Boyband-Sounds erinnert, hat man anderswo das Gefühl, dass die Singer-Songwriterin von Mura Masa und A$AP Rocky inspiriert wurde.
Diese Gegensätze seien von Diana und ihrem Produzenten zwar nicht bewusst konstruiert worden, das Schreiben sei eher intuitiv gewesen. Trotzdem gesteht sie: „Ich mag solche Extreme und wollte, dass sich die einzelnen Songs aneinander reiben.“ Als das inhaltliche Konzept für ihr Album stand, erstellte sie eine Playlist aus unterschiedlichsten Lieblingstracks, die als Referenz für den Vibe der Platte dienen sollte.
»Ich würde gerne die Perspektiven anderer Menschen auf das Thema Vergangenheit kennenlernen.«
Dass es dafür nicht immer instrumentale Vorbilder brauchte, lassen das Intro („The Gravity Of My Past“) sowie das Outro („I’ll Run“) vermuten. Während das eine wie ein klassischer Shakespeare-Prolog klingt, der auf einem Soundteppich à la „Blade Runner 2049“ schwebt, erinnert das andere ein wenig an den Duktus der US-amerikanischen Schriftstellerin, Lyrikerin und Aktivistin Amanda Gorman.
„Ich liebe spoken words-Elemente“, lässt uns Diana wissen und erklärt: „Ich wollte auf meinem allerersten Album nicht einfach mit einem Song starten, sondern eine besondere Einleitung schaffen. Mit dem gesprochenen Intro konnte ich eine inhaltliche Rampe in die Thematik bauen – und damit ganz nebenbei erreichen, dass die Leute dem Text genau zuhören. Sonst werden Lyrics ja gerne mal überhört.“
Diese besondere Vermischung von Kunstformen forciert Diana nicht nur auf ihrem Album. Um „My Past’s Gravity“ herum entstehen zurzeit mehrere Musikvideos, dazu ein Theaterstück sowie ein Kurzfilm, dessen Drehbuch gerade fertiggestellt wurde. Das Album soll dazu lediglich als Inspiration dienen und andere Künstler:innen dazu einzuladen, sich kreativ mit dem Thema Vergangenheit auseinanderzusetzen. „Ich selbst habe das ja bereits getan“, erläutert Diana. „Jetzt würde ich gerne die Perspektiven anderer Menschen auf die Thematik kennenlernen und möchte ihnen dabei soviel Freiraum wie möglich lassen.“
»Die Gesellschaft selbst hat in vielen Fällen eine Situation geschaffen, in der Menschen Kriminalität als einzig verbliebene Lösung für ein besseres Leben sehen.«
Apropos andere Kunstformen: In der Pressemitteilung zu ihrem Debutalbum zitierte Diana den berühmten Tolstoi-Satz „Um einen Staat zu beurteilen, muss man sich seine Gefängnisse von innen ansehen.“ Sie selbst kennt mittlerweile 23 Gefängnisse von innen, zumindest durch ihre Konzerte. Stimmt Tolstois Behauptung? Und wenn ja, wie beurteilt Diana unseren Staat?
„Diesen Satz habe ich vor allem deshalb in den Pressetext gepackt, weil ich auf einen größeren Gesamtzusammenhang aufmerksam machen wollte“, sagt die Künstlerin. „In den Gefängnissen kann man sehen, was in unserer Gesellschaft schiefläuft. Die Leute, die dort einsitzen, werden als Problem für die Gesellschaft wahrgenommen. Dabei hat die Gesellschaft selbst in vielen Fällen eine Situation geschaffen, in der Menschen Kriminalität als einzig verbliebene Lösung für ein besseres Leben sehen.“
»Viele glauben, dass es ausreicht, einmal im Jahr auf Instagram eine schwarze Kachel zu posten.«
Diana unterstreicht, dass sie Straftaten weder relativieren noch rechtfertigen wolle. Sie wolle vielmehr den Appell an die Gesellschaft richten, nach den Ursachen der Kriminalisierung zu fragen und genauer hinzusehen. Manchmal, so sagt sie, könne es bereits helfen, sich mehr umeinander zu kümmern: „Wenn wir besser miteinander umgehen, mehr miteinander reden oder überhaupt offener aufeinander zugehen, kann das im Leben eines Einzelnen einen Unterschied machen. Leider sind wir alle mittlerweile so individualistisch eingestellt, dass wir uns viel zu oft aus der Verantwortung für die Gemeinschaft ziehen“, sagt Diana und schiebt hinterher: „Viele glauben, dass es ausreicht, einmal im Jahr ein paar Euros an UNICEF zu spenden oder auf Instagram eine schwarze Kachel zu posten. Aber das ist bei weitem nicht genug.“
»In unserer Gesellschaft ist es doch so: Wenn ein Mensch mit seinem eigenen Scheiß nicht klarkommt, ist er verloren.«
Dieses Anliegen thematisiert sie auch in ihren Songs. Die Beschäftigung mit der eigenen Umwelt müsse zu einem dauerhaften Zustand werden, nicht zu einem sporadischen. „Wir müssen ständig füreinander da sein“, fordert die junge Musikerin. „Denn in unserer Gesellschaft ist es doch so: Wenn ein Mensch mit seinem eigenen Scheiß nicht klarkommt, ist er verloren. Zumindest in unserem engeren persönlichen Umfeld können wir darauf achten, dass es in Zukunft nicht mehr dazu kommt.“
Darüber hinaus wünscht sie sich, dass ehemaligen Gefangenen, die ihre Strafe verbüßt haben, auch tatsächlich eine zweite Chance gegeben wird. „Rein theoretisch ist es in unserem Rechtssystem so, dass jemand rehabilitiert in die Gesellschaft zurückkehren darf, wenn er seine Strafe abgesessen hat“, erklärt sie. „Doch die Realität sieht anders aus. Wer aus dem Gefängnis kommt, wird oft mit Vorurteilen überschüttet und voller Argwohn betrachtet. Die Leute denken: Aus dem Knast, da kann nichts Gutes kommen.“
»Erst in der offenen Jugendarbeit wurde ich damit konfrontiert, dass Jugendliche auch auf eine ganz andere Art und Weise aufwachsen können.«
Gegen so einen Blick auf die Welt und die Menschen wehrt sich Diana mit aller Kraft. Dabei weiß sie aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, der eigenen Bubble zu entfliehen und einen Blick über den Tellerrand zu wagen: „Meine Eltern waren zwar nicht reich und ich kann auch nicht behaupten, dass mir nie Rassismus begegnet wäre. Aber mein Leben war immer sehr behütet – und mein Alltag geprägt von Volleyball, Debattierclub und Ehrenamt. Erst in der offenen Jugendarbeit wurde ich damit konfrontiert, dass Jugendliche auch auf eine ganz andere, mir völlig ferne Art und Weise aufwachsen können. Das war eine extrem wichtige Erfahrung.“
Und genau diese Erfahrung ist es auch, die Diana Ezerex all jenen Menschen wünscht, die es sich in ihrer Blase gemütlich gemacht haben, abgeschirmt von all den anderen Lebensrealitäten und Geschichten derer, die es in unserer Gesellschaft nicht ganz so weich, warm und sicher haben.
So könne die Welt am Ende tatsächlich zu einer besseren werden, prognostiziert sie verhalten optimistisch. Dafür müsse sich jeder Mensch nur auf eine einzelne Sache fokussieren, bei der er glaube, einen Unterschied machen zu können. Wie das geht, hat sie schon mal vorgemacht.
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Fotografie: Steven Lüdtke
Interview & Text: Jonas Meyer