Interview — phlwest

»Bei mir entsteht ein Song selten aus dem Affekt heraus«

Philip Wester alias phlwest besticht nicht nur musikalisch mit einer unverwechselbaren Handschrift. Auch visuell setzt der 28-jährige Singer-Songwriter und Produzent immer wieder ein Ausrufezeichen, nutzt er doch seine ganz eigene queere Lebenswelt konsequent als ästhetisches Stilmittel. Ein Interview über absurde Männlichkeitsbilder, Musik als Kondensat komplexer Gefühlswelten und die Erkenntnis, kein Ed Sheeran 2.0 mit der Akustikgitarre sein zu wollen.

21. März 2024 — Interview & Text: Jonas Meyer, Fotografie: Stefan Hobmaier

Es ist ein Bild, das jede*r kennt: Wenn im Hochsommer die Temperaturen einen gewissen Punkt erreichen, sieht es oft so aus, als würden die Straßen anfangen zu flimmern. Eine optische Täuschung, die darauf zurückzuführen ist, dass die Sonne den Asphalt so stark erhitzt, dass er die Luftmassen unmittelbar darüber zusätzlich erwärmt und nach oben steigen lässt.

Klar, der Hochsommer ist aktuell noch sehr weit weg. Dennoch haben wir das Bedürfnis, gerade jetzt und an dieser Stelle dieses Bild zu bemühen. Schließlich gibt kaum ein besseres, um zu beschreiben, wie sich die Musik von Philip Wester alias phlwest anhört.

Wer das nicht glauben mag, dem sei zum Beispiel „Somebody Sun“ ans Herz gelegt. Der Song, den phlwest Ende Juli 2023 – also in der Mitte des letzten Hochsommers – veröffentlicht hat, ist zwar nur knapp zweieinhalb Minuten lang. Gleichzeitig verkörpert dieser Track alles, wofür der 28-jährige Kölner musikalisch steht: komplexe elektronische Klangteppiche, die energetisch vor sich hin wabern; eingängige und prägnante Melodien, in denen immer auch eine gewisse Grundmelancholie mitschwingt; und eine Gesangsstimme, die Philip wie ein zusätzliches Instrument einsetzt und mal mehr, mal weniger verständlich mit dem darunter liegenden Klangteppich verwebt.

Sich mit dem Werk von phlwest auseinanderzusetzen, ist aber nicht nur aus musikalischer Perspektive spannend. Denn auch mit seinem visuellen Auftritt setzt Philip ein kaum zu übersehendes Ausrufezeichen. Immerhin gelingt ihm nichts Geringeres, als die queere Lebenswelt, in der er sich ganz und gar zu Hause fühlt, zu einem ästhetischen Stilmittel zu transformieren – und das mit einer Konsequenz und Selbstverständlichkeit, wie man sie sonst eher von Musikbusiness-Größen wie Troye Sivan oder Lil Nas X kennt. Doch auch dieser Vergleich hinkt ein wenig, denn der visuelle Auftritt von phlwest sieht in erster Linie aus wie der von phlwest. Und der strahlt vor allem eines aus: Pride.

Wenige Wochen vor der Veröffentlichung seiner ersten EP treffen wir Philip, der von seinem Freund Marius begleitet wird, zum Interview und Portrait-Shooting im Studio von Fotograf Stefan Hobmaier. Draußen war es zwar noch grau und eisig, aber zumindest in Stefans Set konnten wir schon ein paar Sonnenstrahlen simulieren.

I’m looking straight at the sun man /
That’s somebody sun, somebody’s son /
That boy is a gun /
His love is a gun /

»Im Gegensatz zu Peter Fox beschreibe ich den Moment nicht explizit.«

MYP Magazine:
Philip, Du hast Anfang Januar Deine EP „Together“ veröffentlicht, die man mit ihren sieben Tracks fast schon als Album bezeichnen könnte. Was steckt dahinter?

phlwest:
„Together“ ist Teil eines Duos und wird im Laufe des Jahres in einer zweiten EP fortgesetzt. Die Songs der beiden Platten beschäftigen sich mit einem ganz bestimmten Moment, den wahrscheinlich jeder Mensch kennt, der die Nacht durchgefeiert hat und gerade aus dem Club kommt: Man befindet sich in einem Zwischenraum zwischen „Ich will jetzt noch auf einer Afterparty weiterfeiern“ und „Ich möchte Intimität mit einer bestimmten Person an einem bestimmten Ort haben“…

MYP Magazine:
… also jener Peter-Fox-Moment, in dem die Nacht von „schwarz zu blau“ wird.

phlwest:
Nicht ganz. Im Gegensatz zu Peter Fox beschreibe ich in den Lyrics den Moment nicht explizit. Es geht eher darum, die Gefühle greifbar zu machen, die man in der Situation empfindet. Daher ist die EP auch eine Mischung aus langsamen und schnelleren Songs, die aber alle einen gewissen Techno-Einfluss haben – womit ich die zurückliegende Nacht ein bisschen in die Erinnerung zurückhole.

»Mir wurde schnell klar, dass ich kein Ed Sheeran 2.0 mit der Akustikgitarre sein will.«

MYP Magazine:
Dir ist in den letzten Jahren etwas gelungen, wovon viele Deiner Kolleg*innen nur träumen: Du hast einen eigenständigen und unverwechselbaren Sound geschaffen. Wie ist dieser musikalische Fingerabdruck entstanden?

phlwest:
Die Idee, wie ich klingen möchte, war eigentlich schon immer da – es hat nur sehr lange gedauert, sie aus meinem Kopf in die Realität zu übersetzen.
Ich habe mit sechs Jahren angefangen Klavier zu spielen, mit 13 kam die Gitarre dazu und irgendwann habe ich mich an ersten eigenen Songs versucht. Dabei wurde mir schnell klar, dass ich kein Ed Sheeran 2.0 mit der Akustikgitarre sein will. Ich war vielmehr interessiert an elektronischer Musik, an Alternative Pop und R’n’B. Also habe ich angefangen, mir das Produzieren beizubringen, ganz selfmade über YouTube. So sind nach und nach Songs entstanden, mit denen ich dieser musikalischen Idee immer nähergekommen bin. Das hat sich übrigens bis heute nicht geändert: Ich mache immer noch alles selbst, vom Songwriting über das Recording bis zum Mixing – und alles immer noch in dem kleinen Studio bei mir zu Hause. (lächelt)

»Mir ist der Klang meiner Stimme viel wichtiger als der Anspruch, am Ende jedes einzelne Wort verstehen zu können.«

MYP Magazine:
Bei Dir wirkt die Stimme immer wie ein zusätzliches Instrument, das Du eng mit dem musikalischen Part verwebst. So entsteht ein in sich geschlossener Klangteppich, bei dem die Texte mal besser und mal schlechter zu verstehen sind. Willst Du die Lyrics bewusst verschleiern?

phlwest:
Ganz ehrlich: Ich war vor allem in den ersten Jahren sehr unzufrieden mit dem Klang meiner Stimme. Ich glaube, das ist überhaupt bei vielen Menschen so. Man nimmt sich auf und denkt: Wow, herzlichen Glückwunsch.
Aber das ist nicht der Grund, warum ich diesen Stil entwickelt habe. Ich liebe einfach Songs, die mit vielen Synthesizern gemacht sind; Songs, die in die Breite gehen und eine spannende Soundlandschaft erzeugen, über der aber eine relativ klare, deutlich erkennbare Stimme liegt. Mir ist der Klang meiner Stimme viel wichtiger als der Anspruch, am Ende jedes einzelne Wort verstehen zu können. Ich wurde auch schon öfter darauf hingewiesen, dass man bei mir nie alle Textelemente verstehen kann. Daher habe ich sämtliche Lyrics auf meine Website gepackt – dort kann man alles Wort für Wort nachlesen. (lächelt)

»Meine Musik erzählt keine Geschichte, der man einfach folgen kann und zu der man eine Analogie im realen Leben findet.«

MYP Magazine:
Wenn man Deinen Sound visuell beschreiben müsste, könnte man ihn mit dem Flimmern von Straßenasphalt an heißen Sommertagen vergleichen – als ginge es darum, diesen wabernden Moment in Musik zu übersetzen…

phlwest:
… und genau das war und ist meine Intention! Ich bin nicht daran interessiert, eine Story zu spinnen, die sich von A über B nach C entwickelt. Meine Musik erzählt keine Geschichte, der man einfach folgen kann und zu der man eine Analogie im realen Leben findet. Mir geht es um die reine Emotion. Dabei versuche ich, die Songs wie eine Collage aus mehreren Gefühlsmomenten zusammenzubauen – und das sowohl lyrisch, musikalisch als auch produktionell. Ich habe immer das Ziel, etwas zu kreieren, das cinematic klingt: einen Sound, der alles ein bisschen offen lässt und zu dem man seine ganz eigenen Assoziationen entwickeln kann.

»Die in der Musikwelt weit verbreitete Idee, einen Hit innerhalb eines Tages geschrieben zu haben, funktioniert für mich nicht.«

MYP Magazine:
Das heißt, Du planst einen Song wie am Reißbrett, wo Du verschiedene Bausteine zusammenfügst?

phlwest:
Bei mir entsteht ein Song selten aus dem Affekt heraus. Ich weiß, dass viele andere dafür einen emotionalen Trigger brauchen: etwa eine Situation, in der es ihnen richtig dreckig geht. Nur damit können sie dieses Gefühl musikalisch kanalisieren. Mir persönlich hilft das aber überhaupt nicht. Mir geht es viel eher darum, dieses Gefühl selbst zu bauen. Daher versuche ich, verschiedene Momente und Emotionen musikalisch zusammenzubringen und daraus etwas Neues entstehen zu lassen. Ist das vergleichbar mit der Arbeit am Reißbrett? Vielleicht. Auf jeden Fall ist es ein sehr langwieriger und technisch anspruchsvoller Prozess.
Davon abgesehen habe ich den Anspruch, in einen Song eine Vielzahl von Perspektiven einzubringen, die sich mir oft erst über einen längeren Zeitraum eröffnen. Diese in der Musikwelt weit verbreitete Idee, einen Hit innerhalb eines Tages zu schreiben, funktioniert für mich nicht. Keine Chance. Bei mir braucht ein Song eher acht, neun oder auch mal zehn Monate, bis er fertig ist.

MYP Magazine:
Was genau meinst Du mit jener Vielzahl von Perspektiven, die bei Dir in das Songwriting mit einfließen? Sind das persönliche Gefühlslagen, Beobachtungen, Begegnungen oder Dialoge?

phlwest:
Das möchte ich gar nicht eingrenzen. Im Prinzip handelt es sich dabei um alles, was ich um mich herum wahrnehme – und das kann wirklich alles sein: von Kunst über bestimmte Geschichten von Freunden bis zu eigenen emotionalen Momentaufnahmen.

»Meine Songs behandeln so gut wie immer die Beziehung zwischen zwei Personen, das ist der inhaltliche Grundbaustein von phlwest.«

MYP Magazine:
Apropos emotionale Momentaufnahmen: In Deinen Visuals und Musikvideos ist immer wieder zu sehen, wie Du deine Kopfhörer an eine andere Person weiterreichst, genauer gesagt an Deinen Freund Marius. Welche Bedeutung hat diese fast intime Geste für Dich?

phlwest:
Die Geste repräsentiert eigentlich alles, wofür ich als Musiker stehe: Meine Songs behandeln so gut wie immer die Liebe oder zumindest die Beziehung zwischen zwei Personen – das ist der inhaltliche Grundbaustein von phlwest. Über den musikalischen Part versuche ich dann, die Gefühle zwischen diesen beiden Menschen für die Hörer*innen in irgendeiner Form greifbar zu machen. Und das Bild der Kopfhörer ist ein schönes Symbol dafür, wie ich versuche, das von mir Wahrgenommene und in einem Song Verarbeitete an andere Menschen weiterzugeben.

»Gerade in der schwulen Welt hat man oft das Gefühl, dass Menschen sehr schnell ersetzbar sind.«

MYP Magazine:
Im Refrain des Songs „Somebody Sun“ heißt es: „I’m looking straight at the sun man / That’s somebody sun, somebody’s son“ Hast Du dich hier mit einer Vater-Sohn-Beziehung auseinandergesetzt?

phlwest: (lächelt)
Nein, zumindest nicht explizit. Mir hat dieses Wortspiel einfach gefallen. Ohnehin entstehen solche Zeilen bei mir eher spontan. Oft ist es so, dass mir in meinem Alltag etwas in den Kopf schießt und ich den Gedanken in meinem Notizbuch festhalte. Später im Songwriting greife ich dann auf die Textelemente zurück, die ich im Laufe der Zeit so gesammelt habe. Bei „Somebody Sun“ zum Beispiel habe ich einfach mit den Begriffen „Sonne“ und „Sohn“ weitergearbeitet – und so ist nach und nach der Song entstanden.

MYP Magazine:
Dennoch ist dieses Wortspiel ein besonderes, denn es erinnert daran, dass jeder Mensch auch immer der Sohn oder die Tochter von jemandem ist. Das ist ein Umstand, der vor allem in urbanen queeren Bubbles – in denen es oft um Anonymität und schnellen Konsum von Körpern geht – gerne verdrängt wird…

phlwest:
Absolut. Gerade in der schwulen Welt hat man oft das Gefühl, dass Menschen sehr schnell ersetzbar sind und ihr „Wert“ in erster Linie anhand ihrer körperlichen Attribute bemessen wird. Hook-ups und schnelle Bekanntschaften verfliegen so schnell, wie sie gekommen sind, und am Ende ist da nichts, was bleibt. Gleichzeitig hat diese Welt aber auch ihren Reiz – und ihre Berechtigung.
Ich persönlich mag es sehr, mit diesen Gegensätzen zu spielen, auch weil ich mich selbst darin bewege. Einerseits bin ich total interessiert an schnellem Sex und Intimität, gleichzeitig weiß ich aber auch aus eigener Erfahrung, wie wertvoll eine echte emotionale Verbindung zwischen zwei Menschen ist.

»Mir ist erst sehr spät in meinem Leben aufgefallen, dass ich anders bin.«

MYP Magazine:
Im letzten Jahr durften wir ein sehr ausführliches Interview mit Christian Ruess führen, dem Gründer der queeren Plattform „Container Love“. In unserem Gespräch ging es unter anderem um die Generation queerer Millennials, deren Zeit als Jugendliche und junge Erwachsene oft mit großen Traumata verbunden ist. Viele von ihnen haben irgendwann einen Schlussstrich unter ihre Vergangenheit gezogen, haben mit ihrem Elternhaus und ihrer Heimat gebrochen und haben sich irgendwo anders ein gänzlich neues Leben aufgebaut. Dort sind sie heute eher „nobody’s son“ statt „somebody’s son“. Welche Erfahrungen hast Du persönlich auf Deinem Weg gemacht?

phlwest:
Mir ist erst sehr spät in meinem Leben aufgefallen, dass ich anders bin – viel später übrigens als den Menschen um mich herum. (lacht)
Aber im Ernst: Ich konnte erst mit 17 oder 18 für mich präzise formulieren, dass ich schwul bin. Das hatte auch einen Vorteil: Während andere vielleicht schon mit 13, 14 durch diese ganze Thematik gegangen sind, war ich an dem Punkt schon mehr oder weniger erwachsen und emotional gefestigter. Gleichzeitig war meine Sexualität für mein Umfeld auch nie ein Problem. Klar, in meiner Familie war es anfangs etwas komisch. Aber das hat sich sehr schnell gelegt.

»Ich glaube, dass ich andere queere Menschen ermutigen kann, mehr zu der Welt zu stehen, in der sie sich bewegen und wohlfühlen.«

MYP Magazine:
Die visuelle Identität, die Du um deine Musik herum erschaffen hast, ist sehr stark von einer modernen schwulen Ästhetik geprägt. Interessant ist dabei vor allem die Offenheit und Selbstverständlichkeit, mit der Du diese für Dich in Anspruch nimmst – als hätte es in Deinem Leben nie etwas anderes gegeben. War das für Dich der einzige logische Schritt nach dem Outing?

phlwest:
Ich habe schon immer die Idee gehabt, schwules Leben so zu zeigen, wie es ist – zumindest mein schwules Leben. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass mir immer wieder aufgefallen ist, wie wenig dieser konkrete Lifestyle bei anderen queeren Künstler*innen stattfindet. Dabei gibt es viele, die genau diesen Style leben und lieben. Natürlich ist auf Instagram selten etwas genauso wie in der Realität, daher muss man auch meine Visuals in erster Linie als eine Art Fantasie verstehen. Dennoch glaube ich, dass ich damit anderen queeren Menschen auch ein paar Impulse geben und sie ermutigen kann, mehr zu der Welt zu stehen, in der sie sich bewegen und wohlfühlen. Das ist etwas, was mir mit der Zeit immer wichtiger geworden ist.

»Ich habe schnell gelernt, dass es überhaupt keinen Sinn macht, sich zurückzuhalten – zumindest nicht auf Social Media.«

MYP Magazine:
Besteht für Dich nicht auch die Gefahr, dass Deine visuelle Identität die musikalische irgendwann überlagern könnte – und dass Dir die Menschen eher wegen Deiner Fotos und Videos folgen und weniger wegen der Songs?

phlwest:
Wenn man auf Social Media unterwegs ist, ist das definitiv eine Frage, die man sich stellen muss – und über die ich selbst auch schon viel nachgedacht habe. Folgen mir die Leute wegen der Musik? Folgen sie mir, weil ich zeige, was schwules Leben beinhaltet? Folgen sie mir vielleicht aus ganz anderen Gründen? Es gab mal eine Zeit, da habe ich versucht, mich visuell ein bisschen zurückzuhalten und dafür noch stärker die Musik zu pushen. Aber ich habe schnell gelernt, dass es überhaupt keinen Sinn macht, sich zurückzuhalten – zumindest nicht auf Social Media.
Mittlerweile bin ich auf dem Standpunkt: Die Leute dürfen mir folgen, aus welchen Gründen auch immer. Meine Hoffnung ist nur, dass sie für sich irgendetwas aus dem herausziehen können, was ich tue. Und wenn das „nur“ die Musik ist, super! Wenn das eher das Visuelle ist, ist das auch okay.

»Es geht nicht einfach nur um eine visuelle Ästhetik, sondern vor allem um einen Lebensstil.«

MYP Magazine:
Kannst Du dir vorstellen, Deinen visuellen Auftritt auch mal komplett zu verändern?

phlwest:
Auf jeden Fall! Das ist in der Musikwelt ja auch nichts Ungewöhnliches. Es gibt viele Künstler*innen, die ihre visuelle Ästhetik mit jedem neuen Album komplett über den Haufen werfen. So etwas finde ich auch für mich nicht uninteressant.
Dennoch habe ich das Gefühl, dass ich mich immer mehr oder weniger in der visuellen Welt bewegen werde, die ich auch in den letzten Jahren erschaffen habe. Denn hier geht es nicht einfach nur um eine visuelle Ästhetik, sondern vor allem um einen Lebensstil – um meinen Lebensstil. Und es geht um meine Sexualität, um das Schwulsein. Das ist einfach ein Fakt, den ich nicht einfach aus der Luft greife. Das soll aber nicht heißen, dass ich mich visuell nicht weiterentwickeln will, ganz im Gegenteil.

»Ich mag es, wenn ich bestimmte Männlichkeitsbilder ad absurdum führen kann.«

MYP Magazine:
In der visuellen Welt, die Du um Deine Musik erschaffen hast, wirkst Du immer ein wenig hart, ernst und melancholisch – ganz im Gegensatz übrigens zu dem Eindruck, den man von Dir hat, wenn man Dich persönlich trifft…

phlwest: (lächelt)
Ich weiß, was Du meinst. Ich mag es einfach, einen Kontrast herzustellen zwischen dem, wie ich im Privaten wirke, und meinem Bild in der Öffentlichkeit – vor allem, wenn dieses Bild in der schwulen Lebenswelt stattfindet und ich damit bestimmte Männlichkeitsbilder ad absurdum führen kann, wie zum Beispiel diese Idee von Härte und Ernsthaftigkeit.

MYP Magazine:
Hast Du für Dich persönlich eine Definition von Männlichkeit?

phlwest:
Darauf habe ich keine gute Antwort. Männlichkeit heißt für mich in erster Linie, ein Mann zu sein – ohne dass ich das mit einem bestimmten Aussehen oder Auftreten verbinden würde. Mir geht es dabei eigentlich nur um Attraktivität, privat wie in meiner Musik. Ich freue mich, wenn die Leute denken: „Oh, das ist aber interessant, sieht cool aus und hört sich gut an, was dieser Typ so macht.“ Dabei denke ich über so etwas wie Männlichkeit gar nicht nach.