Editorial — David Schermann

Insomnia

In Hongkong haben Fotograf David Schermann und Sozialpsyschologin Katharina Dinhof Menschen in ihren Schlafzimmern besucht und mit ihnen Nachtspaziergänge unternommen. Dabei haben sie sie zu ihrer Schlafqualität und ihren Erfahrungen mit Lichtverschmutzung befragt.

14. Dezember 2018 — MYP N° 24 »Morgen« — Fotografie: David Schermann, Interviews: Katharina Dinhof

»Am Anfang dachte ich mir, dass mich die Lichter in Hong Kong nicht beeinträchtigen. Ich schlafe immer mit zugezogenen Vorhängen. Aber gestern vergaß ich, sie zu schließen. Plötzlich drehte mein Nachbar sein Licht auf und weckte mich dadurch auf. Im Allgemeinen hat man in Hongkong überhaupt keine Privatsphäre. Die Häuser sind so dicht aneinander gebaut, dass man jeden Schritt seines Nachbarn verfolgen kann. Aber auf der anderen Seite herrscht hier auch eine große Anonymität.«

— Ozzy

»Es scheint mir, als würden die Menschen in Hongkong bunte Neonlichter lieben. Geschäfte, Cafés und große Neonschilder überfluten die Straßen Hongkongs, besonders in den Gegenden wie Mong Kok. Die Beleuchtungen sind so hell, als wäre es Tag. Selbst der Himmel ist nie richtig dunkel in der Nacht. Dadurch leiden viele Menschen unter Schlafproblemen, das Gleiche galt für mich, als ich als Austauschstudent für ein halbes Jahr dort gelebt habe. Im Gegensatz zu Cafés in Europa, in denen man oft im Trüben, romantischen Kerzenlicht sitzt, sind die Cafés in Hongkong oft mit roten, blauen oder lila Lichtern angestrahlt. Geschäfte versuchen, mit bunten, hellen Beleuchtungen mehr Kunden anzulocken. Auf Dauer schädigt die anhaltende und intensive Beleuchtung die Sehkraft der Menschen. Das größte Problem war für mich persönlich das Einschlafen. Man hat Hongkong den Namen ›Stadt, die nie schläft‹ gegeben. Außerdem verpassen die Menschen durch die schlimme Lichtverschmutzung den schönen Sternenhimmel, was ich ja sehr schade finde.«

— Lulu

»Ich habe den Eindruck, dass sich viele nicht über den Schaden bewusst sind, den das Licht anrichtet. Menschen, die in Gegenden leben, in denen keine exzessive Lichtverschmutzung auftritt, werden die Neonlichter eher schön finden. Die zahlreichen Neonreklamen Hongkongs werden wohl als wichtiges Merkmal der Stadt gesehen. (…) Wenn ich Einschlafprobleme habe, dann meistens aus persönlichen Gründen, weil ich mir Sorgen über die Zukunft und meinen jetzigen Job mache.«

— Jessica

„Ich musste mein Wohnheim verlassen, da der benachbarte Fußballplatz mit seinen
Flutlichtern direkt in mein Zimmer schien. Trotz zugezogener Vorhänge war es immer noch störend hell.“

— Kathy