Ramona Frauenrath
Submission — Ramona Frauenrath
Gegen mich
3. Mai 2014 — MYP N° 14 »Meine Wut« — Text & Illustration: Ramona Frauenrath
Ich gehe wohin meine Gedanken mich tragen,
lebe was meine Gefühle mir sagen und doch
lodert eine Wut in mir.
Was ist diese Wut?
Es ist ein Groll den ich unschwer bändigen kann.
Es ist das nicht können, aber wollen.
Das Machen, aber nicht richtig machen.
Das Scheitern, dass sich nicht entscheiden können, das erfolgreich sein wollen,
dies aber nie sein können.
Meine Wut ist, dass ich so vieles will aber alles nur halb gut kann.
Dass ich heute nicht weiß was morgen das Richtige wäre-
Meine Wut ist, dass ständig wissen müssen was man will, was man mag, was man kann,
aber ich weiß nichts.
Nur,
dass ich die Gesellschaft nicht ertrage,
die Jugend heut zu Tage,
die Bewertung in einer Skala von eins bis sechs.
Die sechsundzwanzig Urlaubstage im Jahr.
Das Vergessen von Intuition, Emotion und Einfühlungsvermögen!
Meine Wut bist du, der mir gegenüber steht und mich lehrt,
dass alles Wissen der Welt Freiheit bedeutet!
Meine Wut ist das virtuelle Leben in Taschenformat.
Meine Wut ist die Perfektion nach der alles strebt,
die ich nicht mag und die dennoch an mir nagt.
Es ist das nicht Wissen wohin mit sich, vor lauter Angebot und Nachfrage.
Das, alles ist möglich und alles haben können und dennoch nichts davon machen wollen.
Meine Wut ist der Takt der Zeit, der unser Leben bestimmt.
Es ist die propagierte Freiheit die sich nicht leben lässt.
Meine Wut ist der Besitz, das Eigentum, das Kapital,
das wirtschaftliche Wachstum mit Rechenfehler.
Meine Wut sind Grenzen, das Ausgrenzen, der Entzug von Eigenständigkeit.
Meine Wut richtet sich gegen diese eine Welt, die ich nicht mag, die ich verabscheue, ablehne,
und dennoch ein Teil von ihr bin.
So richtet sich meine Wut gegen mich.
Ich, die keine Grenzen mag und dennoch welche zieht.
Ramona Frauenrath ist 27 Jahre alt, Schauspielerin, Kunst- und Theaterpädagogin und lebt in Braunschweig.
Louise Borinski
Submission — Louise Borinski
Stumme Wut
3. Mai 2014 — MYP N° 14 »Meine Wut« — Text & Foto: Louise Borinski
Stumme Wut hat kein bestimmtes Gesicht.
Sie lässt uns keinen klaren Gedanken fassen.
Wir wenden uns ab. Verdrängen.
Doch vor uns befindet sich nur eine Mauer. Grau.
Sie versperrt uns den Weg. Den Weg vorwärts.
Louise Borinski ist 20 Jahre alt, studiert Fotografie und lebt in Berlin.
Johann Päßler
Submission — Johann Päßler
Wegbegleiter
3. Mai 2014 — MYP N° 14 »Meine Wut« — Text: Johann Päßler, Foto: Roberto Brundo
Ein normales Leben? Ja, das hört sich ganz gut an. In meinen Gedanken mahlen sich diese Bilder auch sehr gut von allein. Doch ist das der Weg, den der Mensch einschlagen sollte? Sein Leben so zu strukturieren, wie es jeder andere macht und uns vorlebt?
Ich bin auf dem Dorf aufgewachsen und hier sieht der Lebensplan jedes Einzelnen im Grunde gleich aus. Man geht zur Schule, macht seinen Abschluss, geht studieren oder macht eine Ausbildung – und dann arbeitet man so lange, wie es eben möglich ist, um seine Familie zu versorgen und vielleicht sogar noch ein kleines Haus zu bauen.
Aber was ist mit den Menschen, denen das nie und nimmer ausreicht? Mit denen, die sich selbst verwirklichen müssen, damit sie nicht an sich selbst kaputt gehen?
Ich selbst zähle mich zu ihnen und ich kann mir bis heute noch nicht vorstellen, einen normalen Beruf auszuführen, der mir meine Zeit für meine Interessen stiehlt. Ich möchte Musik machen, produzieren, all‘ meine gesammelten Eindrücke in meinem bisherigen Leben in Hörbares formatieren, um anderen eine Geschichte zu erzählen und sie an ihre eigenen, längst vergangenen zu erinnern.
Wenn mich jemand fragt, wo ich beruflich hin möchte, antworte ich nicht immer gleich. Es kommt ganz darauf an, wer mich fragt. Man kann sich gar nicht vorstellen, wie viele den Wunsch belächeln, mit Musik Geld zu verdienen. Deshalb gebe ich jedem die Antwort, die für ihn am besten ist.
Das ist meine größte Wut: sich so oft einfach anpassen zu müssen, um ein wenig bequemer zu leben oder zumindest so zu leben, dass es gut erträglich ist, so lange man an seinen Umständen nichts ändern kann.
Diese Wut ist mein ständiger Wegbegleiter, obwohl ich sie mittlerweile so gut unterdrücken kann, dass sie kaum spürbar ist. Dennoch wirkt sie als Initiator für noch mehr Wut, vor allem die auf mich selbst: mich ständig zu fragen, ob ich nicht eventuell noch mehr machen könnte, um meinem Ziel näher zu kommen. Diese Wut hat mich schon des Öfteren in Verzweiflung getrieben. Und dafür hasse ich sie.
Wenn ich eines über Wut gelernt habe, dann ist es, dass Wut noch nie jemandem irgendetwas gebracht hat. Aber wieso gibt es sie dann? Ich glaube, die Wut ist eine Art Prüfung an uns selbst, eine Übung, in der es unsere Aufgabe ist, uns und unsere Gedanken zu kontrollieren.
Ich bin mir nicht sicher, aber ich glaube, auf diese Weise ein großes Maß an Beherrschung gewonnen zu haben – zusammen mit emotionaler Beständigkeit. Vielleicht nicht allzu schlecht in unserer Zeit.
Johann Päßler ist 21 Jahre alt und lebt in Stollberg und Berlin.
Pedro Panaché
Submission — Pedro Panaché
Aufklärung
3. Mai 2014 — MYP N° 14 »Meine Wut« — Text: Pedro Panaché, Aus: Elementrack, Album: MARKIGE WORTE (2014)
Diese Tage sind gezeichnet von Stürmen
und es hagelt aus den Elfenbeintürmen
keine Fragen und keine Zweifel am Himmel
aber manchmal sind auch Wolken nur Schimmel
denn Legenden von Magie über Lüfte und Gestirne
trug der Wind erst auf Papier und dann in die Gehirne
jetzt streiten wir an Grenzen mit Waffen über sie
doch fragt man ihre Priester, sagen die, sie würden nie
wollen, dass sich einer an den Stürmen verletzt
ist es nicht toll, dass man sich darauf verlässt
wenn sich aus Luftunterschieden Gewitter formieren
sie nicht Hass kultivieren und Kinder indoktrinieren
dass sie nicht schlussendlich zum Hurricane führen
an dem alles unkenntlich verwüstet wird
doch dies ist nicht die Wahrheit, erst wenn goldenes Licht
durch die Donnerwolken bricht, herrscht endlich Klarheit.
__
Jemand musste mich verleumdet haben. Denn ich habe nichts Böses getan.
Tiefdruck. Die Ungerechtigkeit strömt in meinen Körper und kondensiert. Auf dem Boden der Tatsachen wird es dunkel: Wut zieht auf.
Meine Aura glüht einwärts, emittiert negative Energie.
Der Verstand blockiert den Affekt, wenn die Spannung es zulässt.
Fragen nach Schuld und Konsequenz strahlen von oben.
Unten kein Lichtblick. Ich hänge in der Gewitterzelle.
„Gefangener“ nenne ich mich selbstgefällig.
Mein Richtstab ist zum Bersten gespannt.
Ich lese die Anklageschrift. Rufe die Beschuldigten auf.
Oft kommen sie ohne Gesicht. Tragen die Uniformen eines Systems,
deren Teil Sie sind. Aber ich schaue genau hin und erkenne Menschen.
Doch die Erkenntnis entlastet mich nicht.
Negative Energie kann ich nicht wegdenken. Sie erhält sich.
Also wandle ich sie. Ich strebe nach Hochdruck. Output.
Ich nehme meinen Stift wie einen Hammer und richte
meinen Fokus auf das leere Blatt Papier. Enthülle die Geister.
Trenne Ursache und Wirkung. Der Wind dreht allmählich.
Jemand greift mich an. Doch ich kämpfe mit mir selbst.
So können die anderen nicht gewinnen.
Mögen sie spüren, wie ich stärker werde.
Pedro Panaché ist 23 Jahre alt, Musiker und lebt in Stuttgart.
Marc Cantarellas-Calvó
Submission — Marc Cantarellas Calvó
Gefesselt (innerer Monolog)
3. Mai 2014 — MYP No. 13 »Meine Wut« — Text & Foto: Marc Cantarellas-Calvó
Jetzt sitz‘ ich hier wieder vor dem leeren Blatt Papier. Gefesselt von meinen Gedanken, meinen Selbsterwartungen, etwas Großes zu schaffen. Von außen regungslos und kalt wie das bleich-weiße Blatt vor mir, aber Innen herrscht die Unruhe der Unzufriedenheit, die Angst, meinen Erwartungen nicht standzuhalten. Tobende Hitze; von Pulsschlag zu Pulsschlag donnert es der Deadline entgegen. Wut macht sich breit, übernimmt die Kontrolle über mich, über mein Bewusstsein: Ich kann nicht mehr klar denken, ich sehe alles verzerrt, ich bin wütend! Wie Seile schneiden und zerren diese Gedanken in mir – der größte Kampf: der Kampf mit mir selbst.
Durchhalten, weiter machen, weiter kämpfen… durch die Schlacht bis zu diesem einen Punkt!
Neue Welten entdecken – dorthin wo noch keiner seine Spuren hinterlassen hat. Die Kraft meiner Vorstellung mit meiner Leidenschaft bündeln und zu 1.000 Prozent an sich glauben. Meine Erfahrungen aufgestellt als Gefährten, die mich auf meinem Weg begleiten. Und den Pfad zu bestreiten und seine eigene Grenze zu überschreiten, um ein ungeahntes Level zu erreichen, wo nun klar wird, dass alles möglich ist, wenn man nur will – wo sich die ganze Kraft bündelt und Großes erreicht werden kann.
Um Sachen zu schaffen, die noch keiner gesehen hat, muss man Sachen machen, die nicht „normal“ sind, muss man Sachen machen, die keiner macht.
Durchhalten, weitermachen, weiter kämpfen… bis zu diesem einen Punkt – der Punkt, wo sich die Fesseln lösen, die Seile sich zu Zügeln schmieden und ich Herr meiner Gedanken werde: Herr meiner Selbstzweifel, meiner Unsicherheit, meiner Unzufriedenheit. Mache diese schwarzen Gedanken zu Marionetten meines Kampfes und bekämpfe Feuer mit Feuer. Von der Idee bis zum letzten Strich.
Mit jedem neuen Werk bestreite ich ein neues Gefecht – von Projekt zu Projekt. Jedes Mal auf ein Neues, jedes Mal ein neuer Kampf. Doch ich weiß, ich muss da jedes Mal durch – Nein! Ich WILL da jedes Mal durch!
Durchhalten, weitermachen, weiter kämpfen… bis zu diesem einen Punkt!
Den reißenden Weg durch all‘ die Gedanken, das Zerren und Ziehen, um mein Ziel zu erreichen: Das Ziel meiner Zufriedenheit!
Marc Cantarellas-Calvó ist 28 Jahre alt, arbeitet als freiberuflicher Grafikdesigner, Fotograf und im Filmbereich und lebt in Berlin.
Sarah Victoria Schalow
Submission — Sarah Victoria Schalow
Schatten der Wut
3. Mai 2014 — MYP No. 13 »Meine Wut« — Text: Sarah Victoria Schalow, Foto: Andreas Schlieter
Die Wut, die tragen wir in uns. Sie gehört zu uns, ist unser Motor, treibt uns an. Wir sind wütend, noch ganz klein, weil wir mit unserer kleinen Schwester die Bonbons teilen müssen, weil wir nicht das Traumspielzeug vom Weihnachtsmann bekommen, ohne das wir nicht leben können, weil Sailor Moon abgesetzt wird.
Wir sind wütend, weil wir nicht, wie alle unsere Freunde auch, bis Mitternacht draußen bleiben dürfen, weil wir nicht diesen ultrasüßen Typen treffen dürfen, keine Festivals stürmen und nicht nach Spanien trampen dürfen, weil sich `Take That` trennt, ohne uns zu fragen, weil wir nur ne 3 in Mathe bekommen, obwohl wir definitiv ne 2 verdient haben, weil die beste Freundin immer alles nachkauft.
Wir sind wütend, weil wir von hunderten Bewerbern nicht die bezahlbare Bude in bester Lage bekommen, weil unser NC nicht für das Psychologiestudium reicht, weil immer die anderen auf der „sunny side of life“ stehen, weil wir keine size zero sind und unsere Herzensangelegenheit, der Eine für´s momentane Leben, einer gemeinsamen Zukunft keine Chance geben kann oder will.
Und oftmals, wenn wir uns ganz ehrlich anschauen, sind wir wütend auf uns selbst. Weil wir viele Dinge ändern können und es nicht tun und weil wir andere Dinge nicht verhindern können und es nicht akzeptieren wollen.
Wut, in gesundem Maße, hält uns lebendig und in Bewegung. Sie zeigt uns, wie sehr wir Dinge, Erlebnisse und Liebschaften wollen und begehren.
Ich mag meine Wut. Mittlerweile. Und habe ihr ein Zimmer hergerichtet. Ab und zu besucht sie mich und bleibt nie lang. Und immer, jedes Mal, hinterlässt sie etwas.Fotos, Poster, Konzertkarten, getrocknete Blumen, Briefe, Zeugnisse, Annoncen, Kleidung, zerplatzte Seifenblasen. Kleine Erinnerungen unserer gemeinsamen Zeit und Grundsteine neuer Wünsche und Träume, die zunächst Schatten meiner Wut sind, dann leise flüsternde Geheimnisse werden, um schließlich zu greifbaren, kunterbunt glitzernden Formulierungen heranzuwachsen.
Also lass uns einfach unheimlich wütend sein, lass uns unbegrenzt liebend sein, lass uns unaussprechlich glücklich sein.
Denn verlieren wie unsere Wut, verlieren wir unsere Liebe.
Sarah Victoria Schalow ist 29 Jahre alt, Schauspielerin und lebt in Hamburg.
Benjamin Hanus
Submission — Benjamin Hanus
Die kleinen Dinge
3. Mai 2014 — MYP No. 13 »Meine Wut« — Text: Benjamin Hanus, Foto: Ines Heidrich
Ob ich wütend bin? Nein. Im Moment nicht. Im Moment liege ich auf einer Wiese in der Sonne, schwitze, leere ein Getränk nach dem anderen, esse gesalzene Pistazien, höre den Vögeln beim Singen zu und gebe mein Bestes diesen Text über Wut zu schreiben. Gar nicht mal so einfach bei der ganzen Harmonie, die mich hier zu umgeben scheint. Neben meinem Notizbuch macht sich eine Biene auf einer Löwenzahnblüte zu schaffen. Aufgeregt sitzt und brummt sie auf der gelben Blüte und sammelt fleißig den Blütenstaub ein. Gegenüber rollt, leise summend, eingepackt in eine Regenjacke und ausgestattet mit Schal und Mütze, ein Rollstuhlfahrer den Hügel hinauf. Und nebenan unterhalten sich zwei Männer, die sich augenscheinlich zufällig getroffen haben, über ihre Wochenendpläne. Für einen Augenblick verliere ich die Konzentration und vergesse warum ich hier liege. Ob ich wütend bin? Ich war selten entspannter.
Die Sonne versteckt sich hinter einer herannahenden Wolkenwand, die angrenzende Kirche spielt ein lautes Solo und die an- und abschwellenden Polizeisirenen lassen zum ersten Mal so etwas wie Ärger aufkommen. Na also, denke ich mir, jetzt kommen wir der Sache näher. Das Singen der Vögel hat sich zu einem sich überschneidenden Chaos aus Schreien und Pfeifen entwickelt. Reihenweise gezückte Handys, raschelnde Brötchentüten und der in meine Richtung durch die Luft wabernde Duft von Grillanzündern und verbranntem Fleisch, lassen meine innere Ruhe endgültig zerplatzen. Ob ich wütend bin? Ich denke ich mache unglaubliche Fortschritte.
Die Sonne lässt sich nun gar nicht mehr blicken und meine Blase, bis zum Anschlag gefüllt mit dem Inhalt von unzähligen geleerten Dosen, sendet in immer kleiner werdenden Abständen eindeutige Signale. Die von den herumliegenden Pistazienschalen und den klebrigen Resten der leeren Koffeingranaten angelockten Ameisen und die andauernd vor mir auf- und abziehenden Grillfraktionen geben meiner bereits mehrfach angezählten Laune den Rest. Mit einem beherzten Sprung stürzt sie sich vom Kap der schlechten Laune und schlägt mit einem leisen, monotonen Schnauben an einer ohrenbetäubend lauten Kreuzung auf.
Eine Gruppe von alten Männern wartet dort an einer roten Ampel darauf, dass diese auf Grün schaltet. Ihrer Unterhaltung entnehme ich, dass sie hier schon länger stehen. Mein Blick wandert ungeduldig an der Gruppe vorbei, bleibt für einen kurzen Moment im hämischen Licht der roten Ampel hängen und verhakt sich endgültig auf dem gelben, unbenutzten Ampelschalter.
Ich presse die Lippen aufeinander und versuche nicht die Beherrschung zu verlieren, als sich die Ampel, etliche Sekunden später, wie von Geisterhand dazu entschließt, uns mit Grün die Weiterreise zu gewähren und die Herren sich mit der stoischen Ruhe eines alten Berges schließlich in Bewegung setzen, um gemächlich die Straße zu überqueren. So langsam, dass die Ampel auf halber Strecke erneut ihre Meinung ändert, zurück auf Rot schaltet und die Männer im wahrsten Sinne des Wortes in einem unguten Licht erscheinen lässt. Begleitet vom Hupen und Fluchen der sich angestauten und wartenden Autofahrer, aber vollkommen unbeeindruckt, setzt die Gruppe ihre Reise auf der anderen Straßenseite fort und verschwindet schließlich im Licht der zurückgekehrten Abendsonne.
Verblüfft von soviel Gelassenheit, verharre ich nicht nur am Ort meiner Beobachtung, sondern ich lasse neben der langsam vor mir dahin fließenden Blechlawine, auch meine schlechte Laune vorbeiziehen. Ob ich wütend bin? Nein. Im Moment nicht. Im Moment stehe ich an einer roten Ampel und genieße die Ruhe.
Benjamin Hanus ist 26 Jahre alt, Grafikdesigner und lebt in Stuttgart.
MYP13 – Prolog "Meine Sehnsucht"
Editorial — MYP Magazine N° 13
Prolog »Meine Sehnsucht«
19. Januar 2014 — Muriel Wimmer fotografiert von Maximilian König
— Muriel Wimmer im Interview
Muriel Wimmer
Interview — Muriel Wimmer
Saudade de Berlim
Saudade – Schauspielerin Muriel Wimmer hat portugiesische Wurzeln und kennt diesen landesty-pischen Begriff für Sehnsucht ganz genau. Wir sind mit ihr ans Meer gefahren und sprechen mit ihr über die „Zehn wichtigsten Wörter des Lebens“, die einst Albert Camus formuliert hat.
19. Januar 2014 — MYP N° 13 »Meine Sehnsucht« — Interview: Jonas Meyer, Fotos: Maximilian König
Warum die Dinge sind, wie sie sind – wer weiß das schon. Es ist auch nicht wichtig. Denn nichts ist wirklich wichtig in diesem Moment, nichts kann in seiner Bedeutung gerade mithalten mit dieser berauschenden Unendlichkeit, die eine graugrüne Brücke baut zwischen unseren Augen und dem Horizont – und die unsere Beine mit kaltem Salzwasser umspült, wenn wir nicht schnell genug zurückweichen.
An diesem letzten Tag im November ist die Ostsee rau und unberechenbar – und dabei wunderschön. Auf ihren Wellen reitet ein eisiger Wind, den sie vorbei an unseren Nasen und Wangen ins dicht bewachsene Hinterland jagt. Gemeinsam mit der jungen Schauspielerin Muriel Wimmer stehen wir am Strand von Ahrenshoop, blicken fasziniert und voller Ehrfurcht aufs Wasser – und schweigen. Sekundenlang, minutenlang? Die Zeit hat aufgehört zu existieren, ist ertrunken in den dunklen Tiefen der Ostsee.
Hier, an einem der nördlichsten Punkte Deutschlands, scheint die Natur eine perfekte Balance gefunden zu haben zwischen dem großen Ganzen und den kleinsten Details, zwischen leuchtend und blass, zwischen ewig und vergänglich, zwischen Leben und Tod. Vielleicht sind es diese Gegensätze, die an einem solchen Ort ein tiefes Gefühl der Sehnsucht aus der Seele kitzeln.
Berlin, fünf Wochen später.
Das neue Jahr ist noch nicht wirklich in die Gänge gekommen und wirkt ein wenig lustlos. Sogar die Hackeschen Höfe im Herzen von Mitte wirken an dem heutigen Januarnachmittag unerwartet leer: Kein Krieg der Einkaufstaschen, keine Schlange bis zur Tür bei Starbucks.
Wir wagen es, für einen Moment innezuhalten, die Augen zu schließen und uns die Bilder der Ostsee wieder ins Gedächtnis zu rufen. Ein leises Rauschen durchfährt unsere Ohren – natürlich pure Einbildung, aber dafür eine schöne.
Als wir die Augen wieder öffnen, steht plötzlich Muriel vor uns, mit der wir uns zum Interview verabredet haben. Sichtlich erholt und mit leichter Sonnenbräune wirft sie uns ein freundliches Lächeln entgegen – die junge Schauspielerin war zwischenzeitlich einige Wochen in Thailand. Wir betreten das wenige Meter entfernte Restaurant PanAsia, das für die nächsten beiden Stunden Teil unserer Exit-Strategie aus dem Berliner Januargrau sein soll.
Jonas:
Vor wenigen Tagen bist du von einem mehrwöchigen Thailandurlaub zurückgekehrt. Welche Eindrücke hast du mitgebracht?
Muriel:
Die Zeit in Thailand war wunderschön und sehr beeindruckend. Ich hatte unter anderem die Gelegenheit, einen Tag lang einen Nationalpark gut eine Stunde vor der Küste von Koh Samui zu erkunden. Die Fläche dieses Nationalparks ist zu etwa 90 Prozent mit Wasser bedeckt, die restlichen 10 Prozent verteilen sich auf über 40 kleine Inseln. Die meisten davon sind unbewohnt und absolut naturbelassen. Es war ein seltsames Gefühl, diese vielen Flecken Erde zu sehen, auf die noch kein Mensch zuvor einen Fuß gesetzt hat.
Insgesamt hat mir Thailand sehr geholfen, etwas Ruhe zu finden und einen gewissen Abstand zu Berlin zu gewinnen. Interessanterweise hatte ich aber nach zwei Wochen nicht mehr das Gefühl, länger bleiben zu müssen – und plötzlich habe mich wieder total nach der Hauptstadt gesehnt.
Jonas:
Was genau hast du an Berlin so vermisst?
Muriel:
Ich bin vor wenigen Monaten aus der Wohnung meiner Mutter in Pankow ausgezogen und habe im Prenzlauer Berg mit zwei Freundinnen eine WG gegründet. Dort habe ich mir zum ersten Mal im Leben einen Raum geschaffen, der mir ganz alleine gehört.
Zwar war es bei meiner Mutter wirklich schön, aber ich hatte das Gefühl, dass es für mich an der Zeit ist auszuziehen. In meinem Kopf habe ich einfach nicht mehr den Spagat geschafft, mich auf der einen Seite zuhause bemuttern zu lassen und auf der anderen Seite mein Leben weitestgehend selbstständig zu regeln.
Ich glaube, dass ich am Ende meines Thailand-Urlaubs diese neu gewonnene Freiheit in meinem ersten eigenen Zuhause vermisst habe und daher unbedingt nach Berlin zurückkehren wollte.
Jonas:
In Berlin fing ja auch in Sachen Schauspielkarriere alles für dich an. Erinnerst du dich noch, wann du dein Interesse für die Schauspielerei entdeckt hast?
Muriel:
Mein Vater betreibt ein Café in Mitte. Gleich dahinter ist eine Schauspielagentur, in der immer viele Kinder ein- und ausgehen. Obwohl ich zuhause als Kind regelmäßig den Kasper gemacht habe und richtig aufgeweckt war, habe ich mich außerhalb unserer vier Wände nie irgendetwas getraut und war total schüchtern. Daher hat mich mein Papa am Tag der offen Tür zu dieser Schauspielagentur geschickt – da muss ich so um die neun Jahre alt gewesen sein. Er hoffte wohl, dass ich dort meine Schüchternheit ein wenig ablegen könnte und viele neue Leute kennenlernen würde. Ich bin auch tatsächlich hingegangen – aber ich habe mich nicht reingetraut.
Ich glaube, ich saß zwei Stunden lang vor der Tür auf einer Treppe und wusste nicht, was ich tun soll. Denn einfach wieder nach Hause gehen und meinem Vater sagen, dass ich mich nicht getraut habe, wollte ich nicht.
So saß ich da und starrte ins Leere. Plötzlich aber ging die Tür auf und jemand sagte: „Hey, komm’ doch rein! Wir beißen nicht.“ Wie erlöst ging ich mit und habe dann auch gleich an einer Probestunde teilgenommen. Viele andere Kinder waren da und wir hatten coole junge Schauspiellehrer. Das Ganze hat mir so viel Spaß gemacht, dass ich dann einige Jahre lang jeden Samstag zum Schauspiel- und Improvisationstraining sowie zur Castingvorbereitung vorbeikam. Im Laufe der Zeit wurde ich zu einigen Castings geschickt und bekam mit 13 Jahren meine erste Minirolle in der Serie „KDD – Kriminaldauerdienst“.
Jonas:
Und damit hattest Du Blut geleckt…
Muriel:
Ach ja, total. Damals hatte ich zwar nur drei Drehtage, aber alles war sehr aufregend. Ich weiß noch, dass ich sogar meinen Urlaub verschoben habe und den Flug umbuchen musste, damit ich am Dreh teilnehmen kann.
Jonas:
Deine zweite Rolle hattest du auch wieder in einer Krimiserie – dem Tatort!
Muriel:
Im deutschen Fernsehen gibt es ja wirklich etliche Krimiserien. Aber der Tatort ist zweifelsohne das Königsformat, das Millionen Menschen aller Altersklassen und Gesellschaftsschichten erreicht. Wie in zahllosen anderen Familien gibt es auch bei uns jeden Sonntagabend das Ritual, dass sich alle gespannt vor dem Fernseher versammeln und Tatort schauen. Dieses Ritual werde ich wahrscheinlich noch mit meinen Kindern abhalten.
Daher war es für mich absolut sensationell, dass ich für solch eine berühmte Produktion besetzt wurde – obwohl ich mir dafür anfangs gar keine Chancen ausgerechnet hatte. Ich wurde zwar zur zweiten und schließlich auch zur dritten Castingrunde eingeladen, aber die Regisseurin sagte meiner Mutter, dass die Produktionsfirma aus arbeitsrechtlichen Gründen ungern eine Dreizehnjährige besetzen wollte: Die Vorschriften zu den Arbeitszeiten sind für Kinder unter 16 Jahren einfach sehr strikt. Aber die Regisseurin wollte mich unbedingt haben, hat für mich gekämpft und mich schließlich bei der Produktion durchgeboxt. Und so hatte ich die Rolle!
Wir drehten damals über mehrere Wochen in Köln, weshalb ich von meiner Schule Sonderurlaub bekam und einen Privatlehrer hatte, mit dem ich den verpassten Unterrichtsstoff durchgehen konnte. Außerdem waren abwechselnd mein Vater, meine Mutter und meine Oma an meiner Seite – mit 13 Jahren braucht man ja noch eine Begleitperson.
Ich weiß aber, dass ich immer wahnsinnig glücklich bin, wenn ich spiele.
Jonas:
Mit 13 sieht man die Schauspielerei wahrscheinlich auch noch mehr als ein Hobby. Kam bei dir nicht irgendwann der Gedanke auf, dass aus dem Hobby auch mal ein Beruf werden könnte?
Muriel:
Dieser Gedanke ist ehrlich gesagt total aktuell und sehr präsent in meinem Kopf. Eine Entscheidung habe ich aber noch nicht getroffen. Ich bin mir überhaupt nicht sicher, was mir die Zukunft bringen kann und wie sich mein Leben gestalten soll.
Ich weiß aber, dass ich immer wahnsinnig glücklich bin, wenn ich spiele. Darin finde ich eine gewisse Erfüllung und kann mich ausdrücken. Außerdem habe ich gemerkt, dass ich durch das Spielen sehr viele Dinge für mich selbst verarbeiten kann. Allerdings ist das Schauspielbusiness mit allem, was dazugehört, nichts für schwache Nerven. Und ich selbst bin eher ein zart besaitetes Wesen.
Jonas:
Trotzdem hast du jetzt schon mit mehr deutschen Schauspielgrößen gespielt als andere in ihrem ganzen Leben: Klaus J. Behrendt, Dietmar Bär, Götz George – um nur einige zu nennen.
Muriel:
Den Dreh mit Klaus J. Behrendt und Dietmar Bär habe ich noch mit ganz anderen Augen gesehen. Mir war damals mit meinen 13 Jahren und meiner kindlichen Naivität gar nicht bewusst, um welche Größen es sich bei den beiden handelt.
Leider ist diese kindliche Naivität im Laufe der Jahre verloren gegangen. Vor dem „Schimanski“-Dreh mit Götz George im letzten Jahr habe ich mir einen totalen Kopf gemacht und mich ehrfürchtig gefragt, wie ich überhaupt neben so einer Schauspielikone bestehen soll.
Umso überraschter war ich, als ich gemerkt habe, wie freundlich, unkompliziert und hilfsbereit Götz George ist. Jeden Tag kam er mit offenen Armen auf einen zu – ein sehr aufmerksamer und feiner Mensch. In einer Szene hat er sich sogar beim Kameramann dafür eingesetzt, dass ich besser ausgeleuchtet und dargestellt werde. Das hat mich sehr beeindruckt.
Ein Gefühl tiefer Dankbarkeit und zaghaften Stolzes breitet sich für den Bruchteil einer Sekunde auf Muriels Gesicht aus. Es scheint fast, als realisiere sie gerade, in welchem Tempo ihr Leben in den letzten Jahren nach vorne geprescht ist. Doch schon im nächsten Moment wendet sie schnell ihren Kopf zur Seite, als sei sie von ihrem eigenen Erfolg überrascht.
Die Stimme der jungen Schauspielerin klingt sanft, fast zart. Doch in ihren leisen Tönen transportiert sie Worte, die so aufrecht stehen, dass man nicht im Entferntesten an ihnen zweifeln wollte.
Es ist mittlerweile 15 Uhr, wir sind die einzigen Gäste. Wir halten das Aufnahmegerät für einige Minuten an und lassen schweigend unsere Blicke durch den großzügigen Raum wandern. Die breiten Fensterfronten eröffnen den Blick auf den hellgrauen Berliner Himmel. Würde man ihm etwas Grün beimischen, wäre das Licht fast wie vor fünf Wochen an der Ostsee…
Jonas:
Du hast im letzten Jahr neben deiner Hauptrolle in „Schimanski“ auch kleinere Rollen in diversen anderen Produktionen übernommen. Wie hast du diese Drehs erlebt?
Muriel:
Natürlich ist es immer toll, eine so große Rolle wie die in „Schimanski“ zu spielen. Aber ehrlich gesagt ist es mir wichtiger, mit unterschiedlichen Regisseuren und Crews zusammenzuarbeiten und dadurch neue Arbeitsweisen kennenzulernen – ganz abgesehen von der Bedeutung der Rolle. Ich freue mich auf jedes Projekt.
Dabei finde ich es generell cool, wenn ich Figuren spielen kann, die meilenweit von meiner eigenen Person und meinem Charakter entfernt sind. Letztes Jahr habe ich beispielsweise bei einem Dreh ein unausstehliches Schickimicki-Mädchen mit Gucci-Sonnenbrille gespielt – das war super! Für mich ist es immer ein spannender Prozess und überhaupt das Besondere an der Schauspielerei, wenn man sich langsam einer Figur nähert, die einem eigentlich vollkommen fremd ist.
Jonas:
Du hast bisher „nur“ in TV- und Kinoproduktionen mitgespielt. Kannst du dir vorstellen, auch mal auf einer Theaterbühne zu stehen?
Muriel:
Ich glaube, das würde mir wahnsinnig viel Spaß machen – aber mich gleichzeitig auch eine enorme Überwindung kosten.
Jonas:
Vielleicht brauchst du nur jemanden, der dir einen kleinen Anschub gibt – wie damals auf der Treppe…
Muriel:
Ja, das kann schon sein. Ich kenne meine Art zu spielen mittlerweile sehr genau und weiß, dass ich vieles eher klein und zurückhaltend spiele. Auf der Theaterbühne ist die Situation aber eine ganz andere als vor der Kamera: Dort muss man groß spielen, damit man auch die Menschen in der allerletzten Reihe erreicht.
Für mich würde das momentan einfach eine riesige Umgewöhnung bedeuten, da ich selbst in meiner Darstellung nie auf die Idee kommen würde, mich so groß zu machen. Für diesen Schritt bräuchte ich eventuell tatsächlich jemanden, der mich an die Hand nimmt und mir zeigt, wie’s geht.
Muriel lächelt.
Jonas:
Würdest du sagen, dass die Schauspielerei mittlerweile einen so festen und wichtigen Platz in deinem Leben eingenommen hat, dass du sie nicht mehr wegstreichen könntest?
Muriel:
Ich glaube, wenn man mir die Wahl lassen würde, welche Dinge ich in meinem Leben streichen könnte, würde ich immer dazu neigen, zuerst auf das zu verzichten, was nur mich selbst betrifft und nicht meine Familie – denn die ist das Wichtigste in meinem Leben.
Aber auch die Arbeit als Schauspielerin gibt mir persönlich seit Jahren so viel, dass ich sie als eine enorme Bereicherung für mein Leben ansehe. Daher wäre es für mich tatsächlich schwer vorstellbar, darauf zu verzichten.
Am Meer kann ich mich selbst und alles um mich herum am intensivsten wahrnehmen, vor allem wenn die See rau und gewaltig ist.
Jonas:
Der Philosoph Albert Camus hat mal die zehn wichtigsten Wörter seines Lebens aufgestellt – „Les dix mots préférés d’Albert Camus“: „die Welt, der Schmerz, die Erde, die Mutter, die Menschen, die Wüste, die Ehre, das Elend, der Sommer, das Meer“. In welchem dieser Begriffe fühlst du dich persönlich am ehesten zuhause?
Muriel:
„Das Meer“ – mit diesem Wort verbinde ich so viele Erinnerungen, Ereignisse und Gefühle. Schon als Kind bin ich mit meiner Familie immer ans Meer gefahren, erst nach Kreta, später nach Portugal, wo meine Mutter eine alte Windmühle an der Algarve besitzt. Am Meer kann ich mich selbst und alles um mich herum am intensivsten wahrnehmen, vor allem wenn die See rau und gewaltig ist
Muriels Augen entwischt ein Funkeln, als hätte man die Tür zu einer Schatzkammer aufgestoßen. Wieder breitet sich auf ihrem Gesicht jenes Gefühl tiefer Dankbarkeit aus, das man vor einigen Minuten bereits kennenlernen durfte – nur dass sie diesmal nicht ihren Kopf abwendet, sondern der Welt ein breites Lächeln schenkt.
In ihrem Kopf scheinen gerade die Bilder der graugrünen Ostsee mit denen des türkisblauen Pazifiks an der sonnenverwöhnten Algarve zu konkurrieren. Zwei Meere, die um das Herz einer jungen Schauspielerin buhlen…
Jonas:
Mit welchen Plänen startest du in das Jahr 2014?
Muriel:
Ich habe vor wenigen Monaten erst mein Abi gemacht und fühle mich so frei wie nie zuvor in meinem Leben. Zur Zeit lese ich einige Drehbücher und bereite mich auf Castings vor. Was in 2014 passieren wird, ist noch total offen – aber ich freue mich auf alles, was kommt.
Man soll die Dinge dort beginnen, wo man sie auch zu Ende bringen wird.
Jonas:
Viele fahren zu diesem Zweck ja nach Thailand, wo du gerade herkommst.
Muriel:
Ich glaube, ich bleibe dazu besser in Berlin. Man soll die Dinge dort beginnen, wo man sie auch zu Ende bringen wird. Im April werde ich aber wieder einige Wochen in Portugal in der alten Windmühle verbringen – vielleicht schenkt mir diese Zeit ja neue Erkenntnisse.
Diese Windmühle ist eh ein absoluter Sehnsuchtsort für mich. Auf dem Dach hat man eine atemberaubende 360-Grad-Sicht und kann weit ins Landesinnere, zum Meer oder rüber nach Spanien schauen. Wenn man dort oben steht, wird alles andere plötzlich so unwichtig – und man hat das Gefühl, niemandem auf der Welt gerecht werden zu müssen.
Was man dort empfindet, kann man eigentlich am besten mit dem Begriff „Saudade“ beschreiben – ein Wort, das nur Portugiesen kennen und das sich ansatzweise mit „Traurigkeit“, „Wehmut“, „Sehnsucht“ oder „sanfte Melancholie“ übersetzen lässt. Die Portugiesen sind sehr stolz auf ihr „persönliches Wort“. Der Schriftsteller Fernando Pessoa drückt diesen Stolz folgendermaßen aus:
Saudades, só portugueses
Conseguem senti-las bem.
Porque têm essa palavra
para dizer que as têm.
Saudade – nur Portugiesen
können dieses Gefühl kennen.
Weil nur sie dieses Wort besitzen,
um es wirklich beim Namen zu nennen.
Obwohl ich keine Portugiesin bin, glaube ich, genau nachvollziehen und empfinden zu können, was Saudade ist. Das ist meine ganz persönliche Form von Sehnsucht – nicht nur, wenn ich in Portugal bin.
Muriels Augen leuchten gerade so blau, dass kein Zweifel daran besteht, dass die portugiesische Pazifikküste den Kampf um das Herz der jungen Schauspielerin gewonnen hat – zumindest für heute.
Wir zahlen und verlassen das Restaurant. Nur wenige Meter noch, dann trennen sich unsere Wege.
Was würde man nur darum geben, in diesen zähen, grauen Januartagen auf eine Windmühle zu steigen und in die Ferne zu schauen – in der Hoffnung, irgendwo das Meer zu sehen und sich an seiner Unendlichkeit zu berauschen.
Vielleicht würde man dann so etwas wie Saudade empfinden und ein Gefühl verstehen, das nur die Portugiesen kennen.
Wäre das nicht schön – so mitten in Berlin?
Muriel Wimmer ist 19 Jahre alt, Schauspielerin und lebt in Berlin.
Left Boy
Interview — Left Boy
Was im Leben wichtig ist
Ferdinand Sarnitz alias Left Boy ist als knallbunte Stimmungskanone und Hipsterliebling bekannt. Im Gespräch mit uns stimmt der Österreicher ernste Töne an und erzählt uns, welchen furchtbaren Fehler er beinahe begangen hätte.
19. Januar 2014 — MYP No. 13 »Meine Sehnsucht« — Interview: Jonas Meyer, Fotos: Ole Westermann
Es ist doch immer wieder schön, im Leben überrascht zu werden – vor allem wenn man dazu neigt, sich allzu oft im Berliner Stadtteil Mitte aufzuhalten und dem Glauben zu verfallen, man habe auf den hiesigen Straßen eh schon alles gesehen und erlebt, was im Leben von Bedeutung ist.
Zum Glück aber gibt es die Hausnummer 23 in der ehrwürdigen Münzstraße. Das denkmalgeschützte Gebäude gehört zu den letzten Repräsentanten der „Berliner Altstadt“ und konnte sich bis heute dem anhaltenden Bau- und Rekonstruktionswahn der deutschen Hauptstadt verwehren.
Wer diese Nummer 23 zum ersten Mal betritt, die Treppe bis zur Belle Etage aufsteigt und die schweren Türen zum sogenannten „Münzsalon“ öffnet, wird sein Staunen kaum verbergen können – denn der Blick fällt auf ein vollständig erhaltenes Kaminzimmer aus dem 19. Jahrhundert. Schwere Ledersessel, holzvertäfelte Wände und ein opulenter Kronleuchter sind so ziemlich das letzte, was man in einem Wohnraum im Szenestadtteil Mitte erwartet hätte. Wie erfrischend!
Mindestens genauso erfrischend ist, dass wir hier nicht auf gesetzte und Zigarre rauchende Altherren treffen, sondern auf einen sympathischen jungen Musiker, der es sich bereits in einem Nebenraum des Kaminzimmers bequem gemacht hat. Ferdinand Sarnitz heißt der gebürtige Wiener, der seit geraumer Zeit unter dem Namen „Left Boy“ die HipHop-Szene bereichert.
Ferdinand empfängt uns höflich und bietet uns einen Platz in einem der tiefen Sessel an. Dabei wirkt er ab dem ersten Moment so vertraut, dass man glaubt, man wäre mal eben bei einem guten Kumpel vorbeigekommen, um Hallo zu sagen. Gut gelaunt lässt sich der junge Musiker neben uns auf einem Sofa nieder und lehnt sich entspannt zurück.
Jonas:
Du bist bereits im Alter von 18 Jahren nach New York gezogen und hast dort über ein Jahr lang gelebt. Wie kam es zu dieser grundlegenden Entscheidung?
Ferdinand:
Ich habe in Wien eine amerikanische Schule besucht, auf der es üblich war, nach dem Abschluss ins englischsprachige Ausland zu gehen und dort zu studieren. Und so war plötzlich auch mein halber Freundeskreis nach Großbritannien oder in die USA verschwunden. Ich selbst wollte unbedingt nach New York – aber in erster Linie, um mal etwas anderes zu sehen und endlich alleine leben zu dürfen. Außerdem ging es mir darum, andere Musiker, Produzenten und Gleichgesinnte kennenzulernen, mit denen ich künstlerisch zusammenarbeiten wollte.
Um solchen Leuten zu begegnen, erschien es mir einfach als die beste Strategie, nach New York zu gehen. Dort habe ich mich am „Institute for Audio Research“ orientiert, wo ich an einem Tag der offenen Tür gleich auch einige interessante Menschen kennengelernt und mich an der Schule eingeschrieben habe.
Jonas:
Kanntest du in New York schon vor deiner Ankunft irgendwelche Leute? Oder bist du in Sachen Kontakte bei Null gestartet?
Ferdinand:
Gott sei Dank kannte ich hauptsächlich über meine Eltern einige Leute, die seit längerer Zeit schon in New York lebten und arbeiteten. Ich hatte also bereits den ein oder anderen Kontakt.
Jonas:
Da hattest du großes Glück – man kann in einer Stadt wie New York ohne jegliche sozialen Kontakte auch schnell verloren gehen.
Ferdinand:
Auf jeden Fall. Dieses Verlorengehen war dabei aber trotzdem ein großes Thema: Das erste Jahr in New York war für mich auch gleichzeitig das schwierigste Jahr meines Lebens. Ich habe mich zu dieser Zeit extrem einsam gefühlt.
Es gab zwar die besagten Freunde und Bekannten, aber die waren alle von morgens bis abends in ihre Jobs oder ihr Studium eingebunden. Und da mein Unterricht immer schon um 13 Uhr endete, habe ich den Rest des Tages nicht wirklich gewusst, was ich machen soll. In den ersten Wochen habe ich dann ständig irgendwelche Videospiele gespielt. Ich dachte, ich kann ja jetzt alles machen, was ich will, und fand das irgendwie lustig.
Verständlicherweise wurde das aber nach kurzer Zeit ziemlich langweilig, meine Einsamkeit wurde größer und größer. Dabei habe Ich mich aber auch nicht getraut, einfach in ein Café zu gehen und irgendwelche Leute anzusprechen und kennenzulernen – mit so etwas fühle ich mich nicht wirklich wohl. Zwar gab es auch in meiner Schule interessante Leute, aber niemanden, der schon aktiv im Musikbusiness unterwegs war und mit dem man hätte arbeiten können.
Jonas:
Du hast einfach früher als andere gemerkt, dass du in deinem Leben irgendetwas mit Musik machen willst.
Ferdinand:
Ja, das war mir tatsächlich sehr früh klar. Obwohl ich immer schon HipHop-Texte geschrieben habe, dachte ich anfangs noch, dass sich mein Leben eher in die DJ-, Beatbox- oder Breakdance-Richtung entwickeln würde.
Als aber im Jahr 2004 das Programm “GarageBand“ für Apple rauskam und ich mit 16 Jahren meinen ersten Track geschrieben und veröffentlicht hatte, veränderte sich plötzlich alles: Ich habe gemerkt, dass ich genau das machen will und nichts anderes. So habe ich begonnen, Beats und Loops zu produzieren, dazu erste Samples zu schmeißen und einfach über die Instrumentals drüber zu rappen.
Jonas:
Wie haben sich die Dinge in New York für dich im Laufe der Monate entwickelt?
Ferdinand:
Nicht gut. Ich konnte mich in New York einfach nicht etablieren, was ich als eine riesengroße Niederlage empfunden habe. Daher bin ich nach 18 Monaten wieder nach Wien gezogen. Dort wollte ich verarbeiten, was in New York passiert ist – und ich hatte mir geschworen, nun meine Zeit nicht mehr so leichtfertig zu verschwenden, wie ich es noch in New York getan hatte.
Im Nachhinein hatte ich auch das Gefühl, mich nicht ausreichend bemüht zu haben, um das zu erreichen, was ich erreichen wollte. Das hat mich ehrlich gesagt total fertig gemacht. Trotzdem würde ich sagen, dass die Zeit in New York – ebenso wie die Zeit danach in Wien – sehr wichtig für mich war. In Wien sind eine Reihe von Songs entstanden, die von meiner Einsamkeit in New York handeln.
Jonas:
Du könntest dich damit trösten, dass viele Leute zuerst einmal tief fallen, wenn sie so einen großen Schritt wagen wie du.
Ferdinand:
Das stimmt zwar, aber das lasse ich für mich nicht als Ausrede gelten: It’s what you make it! Wenn man sich nicht ausreichend bemüht, im Leben voranzukommen, dann wird man einsam und alleine irgendwo rumsitzen – nicht nur in New York. Das habe ich mittlerweile gelernt.
Jonas:
Dein Leben hat sich aber recht bald wieder zum Guten gewendet: Im Februar erscheint dein Debutalbum „Permanent Midnight“. Wie kam es zu diesem Albumtitel?
Ferdinand:
Ich habe den gleichnamigen Film gesehen – eine Tragikomödie, die auf dem weitgehend autobiografischen Buch des Autors Jerry Stahl basiert. Der Begriff hat sich ab der ersten Minute irgendwie in meinem Kopf festgesetzt.
Für mich bedeutet „Permanent Midnight“ Dunkelheit, Einsamkeit und Leere.
Jonas:
Der Begriff der ständigen Mitternacht erzeugt ja auch direkt diverse Assoziationen, wenn man ihn zum ersten Mal hört.
Ferdinand:
Absolut! Der Begriff passt einfach sehr gut zu den Songs, die ich jahrelang für ein eigenes Album zur Seite gelegt habe – Originalkompositionen, die wenige oder gar keine Samples beinhalten. Für mich bedeutet „Permanent Midnight“ Dunkelheit, Einsamkeit und Leere, die man irgendwann durch den ganzen Partyblödsinn, die Drogen und flüchtige Beziehungen empfindet.
Aber allgemein ist die Nacht auch diejenige Tageszeit, in der ich mich am aktivsten und produktivsten fühle. Daher könnte ich ebenso die Album-Produktionszeit als „Permanent Midnight“ bezeichnen – die Nächte habe ich regelmäßig durchgearbeitet.
Jonas:
Auch in der Lyrik erscheint die Nacht oft als die bedeutungsvollere und magischere Tageszeit – man denke nur an Kafkas Briefe an den jungen Dichter Franz Xaver Kappus, dem er empfiehlt, sich selbst in der stillsten Stunde seiner Nacht die Frage zu stellen, wie tief sein Bedürfnis danach ist, Gedichte zu schreiben.
Ferdinand:
Die Nacht ist einfach die Zeit, in der man alles reflektiert. So passt sie auch auf hundert verschiedene Arten zu den Songs auf meinem neuen Album.
Jonas:
Du scheinst bei deiner Musik sehr viel Wert auf die visuelle Darstellung zu legen. Welche Bedeutung hat für dich diese visuelle Komponente bei „Left Boy“?
Ferdinand:
Für mich stehen die Musik, das Album-Artwork, die Musikvideos sowie die Website als gelichberechtigte Bestandteile meiner Kunst nebeneinander. Sie alle ergeben zusammen genau das, was ich ausdrücken will.
Es kann allerdings passieren, dass das eine oder andere davon in der Produktion und Fertigstellung etwas länger dauert. Das liegt daran, dass ich mich um alles intensiv kümmern will, um sicherzustellen, dass es auch meinen Qualitätsvorstellungen entspricht. Ich habe von Anfang an versucht, alles auf einem sehr hohen Level zu halten.
Ich finde, wenn sich jemand eines meiner Videos anschaut oder zu einem Konzert kommt und mir damit fünf Minuten bzw. eine Stunde seiner Zeit schenkt, dann hat er es auch verdient, dass ihm in dieser Zeit ein unvergesslicher Moment geboten wird. Wie ich bereits erwähnt habe: Ich möchte nicht mehr schlampig mit dem Faktor Zeit umgehen.
Jonas:
Woraus schöpfst du ganz allgemein die Inspiration für deine Arbeit?
Ferdinand:
Aus allem, was ich täglich erlebe. Meine Musik ist für mich wie ein Tagebuch – und ich verwende sie, um Gefühle wie Trauer oder Aggresion zu verarbeiten. Mit 16 Jahren habe ich zum ersten Mal gemerkt, dass es sich auf eine seltsame Art und Weise gut anfühlt, wenn so ein Lied, das es vorher nur in meinem Kopf gab, plötzlich fertig vor mir sitzt. Das ist irgendwie befreiend.
Ich glaube, das liegt daran, dass ich mich mit Musik einfach besser ausdrücken kann als in einem persönlichen Gespräch. Denn mit Melodien und Beats kann ich meine komplexe Gefühlswelt wesentlich besser nach außen transportieren als mit Worten alleine.
Es ist faszinierend zu beobachten, wie der 25jährige im einen Moment noch lustig ist und um keinen Spaß verlegen wirkt und gleich im nächsten Moment sehr ernsthaft und fokussiert werden kann, um seinen Worten die gebotene Schwere zu verleihen – wie ein Pendel, das in gleichförmiger Bewegung danach strebt, den Idealzustand zu erreichen.
Jonas:
Du lebst nach wie vor in Wien. Fühlst du dich dort auch künstlerisch zuhause?
Ferdinand:
Wien ist zwar meine Basis, wo meine Familie und all’ meine Freunde und Bekannten leben und wo ich mich auch einfach sehr wohl fühle, aber für meine künstlerische Arbeit ist jeder andere Ort auf der Welt geeigneter. Ich bin ein Mensch, der viel zu schnell abzulenken ist – und da in Wien dauernd etwas los ist und man von Geburtstagsparty zu Familienfeier springt, komme ich dort einfach nicht dazu, mich auf meine Musik zu konzentrieren.
Anders ist das beispielsweise in Los Angeles: Dort habe ich die nötige Distanz, um mich voll und ganz meiner Arbeit zu widmen.
Jonas:
Geht es dir in Los Angeles besser als in New York?
Ferdinand:
Das würde ich schon sagen, ja. Ich habe L.A. einfach für mich als idealen Ort entdeckt, um zu arbeiten und mich weiterzuentwickeln.
Jonas:
Könntest du dir trotzdem vorstellen, irgendwann wieder in New York zu leben und deinen Frieden mit dieser Stadt zu machen? Vielleicht müsst ihr beide euch nur noch einmal eine Chance geben.
Ferdinand:
Das kann ich mir auf jeden Fall vorstellen. Für mich ist es momentan aber das Wichtigste, bei meinem kleinen Sohn in Wien zu sein. Trotz der vielen Termine versuche ich, so viel Zeit wie möglich mit ihm zu verbringen. Vielleicht ziehe ich ja eines Tages gemeinsam mit ihm und seiner Mama nach New York. Oder nach L.A. oder Paris.
Aber eigentlich kann ich gar nicht soweit im Voraus planen. Zur Zeit komme ich einfach nicht weiter als die Woche, in der ich gerade bin.
Ich möchte versuchen, mich weiterzubilden und aus mir den besten Menschen zu machen, der ich im Rahmen meiner Mittel und Fähigkeiten sein kann.
Jonas:
In deinem Leben ist ja gerade auch genug los. Hast du trotzdem eine Perspektive, wie es mit dir nach der Veröffentlichung des Albums Mitte Februar beruflich und persönlich weitergeht?
Ferdinand:
Ich möchte versuchen, mich weiterzubilden und aus mir den besten Menschen zu machen, der ich im Rahmen meiner Mittel und Fähigkeiten sein kann. Für die Zeit nach dem Albumrelease habe ich mir fest vorgenommen, mich noch stärker auf andere Aspekte des Lebens zu konzentrieren: Es wäre toll, wenn ich mein Wissen und meine Fähigkeiten in den Bereichen Musiktheorie, Klavier und Tanz ausbauen könnte. Es gibt da einen schönen Satz, den ich mir gewissermaßen als Leitspruch für mein Leben gegeben habe: „Nie was man will, immer was wird.“
Mit diesem Gedanken gehe ich alles an. Denn egal, was ich in meinem bisherigen Leben geplant habe: Es ist so oft etwas absolut anderes passiert. Das beste Beispiel hierfür ist mein Sohn: Als meine Freundin damals schwanger mit ihm war, war ich total dagegen, dass sie dieses Kind bekommt. Ich habe in meinem Leben noch nie so falsch gelegen wie in diesem Moment, denn mein über alles geliebter Sohn ist das größte und wunderbarste Geschenk, das mir je gemacht wurde.
Dieser kleine Mensch kann mich mit einem einzigen Blick wieder fröhlich machen und mich inspirieren. Daher muss ich auch gar nicht unbedingt wissen, was die Zukunft bringt. Musik ist zwar ein riesengroßer Teil von mir, aber nicht das Einzige, was im Leben wichtig ist.
Ferdinand wirkt gerade sehr ernst. Für einen Moment hält er inne und sortiert seine Gedanken. Nach einigen Sekunden der Ruhe formt sich sein Mund immer mehr zu einem breiten Grinsen: Energiegeladen springt der Wiener Musiker auf und lässt sich in den alten, holzvertäfelten Räumen in jeder noch so erdenklichen Pose fotografieren.
Als alle Bilder im Kasten sind, verabschieden wir uns und schließen hinter uns die Türen zum altehrwürdigen Münzsalon. Mit einem Lächeln verlassen wir Hausnummer 23 und spazieren noch eine Weile durch Berlin-Mitte.
Es ist doch immer wieder schön, im Leben überrascht zu werden.
Vor allem, wenn es so angenehm ist.
Ferdinand Sarnitz ist 25 Jahre alt, Musiker und lebt in Wien.