Akzidenz

Submission — Akzidenz

Animal Instinct

31. August 2014 — MYP No. 15 »My Homeland« — Text: Cristina Bove & Philipp Bolthausen, Visual: Philipp Bolthausen (Akzidenz)

… a lifetime spent searching for a place to rest, to feel at home in, where inhibition and reticence are shed; a corner in which to flee to when in need of comfort…

We are wandering souls continuously on the greatest quest – to belong, to find the eluding idyllic resting space. Gliding, stumbling, running, engaging and backtracking we move through being; the nomad in us searching for that transient space, feeling or state; leaving fading footprints that prove the reality and fleetingness at once.

It is a simple game we play with ourselves, stemming from the primal instinct of fight or flight; we live for the unknown not the known, for guilt vs. pleasure for delirium vs. sanity. The unexpected that lies in the invisible future is what spurs us to flirt with the intended, to entice it, to play with it. Curiosity drives us to explore, it convinces us that the attractions we may feel are worth pursuing; we become our own vessel for the uncharted, always in motion, enrapturing ourselves with our surroundings… Then why is it that our will to probe and reach beyond the horizon is powered by the need to belong? A contradiction in and of itself, yet a truth notwithstanding the fact that it is impossible to generally define the notion of belonging – the search is confidential and partly subconscious, despite the common denominator is the need for to achieve Heimat.

Home is complex for it – the essential concept – is fluid, malleable, and delicate; it is ever-changing as the blocks that construct our ‘perfect home’ transform and evolve with every choice and step we make in the journey. It is our need for the new, the desire to experiment, the inherent not wanting to fail yet yearning for experience that redefines our every move. It is through this continuous conflict within us that we are able to define our own notion of home/Heimat over time.

Surrounded by people, objects, and the monsters we create ourselves, the animal instinct prevails and we are driven by the indiscernible force to discover, to hunt, to prey on our own future; we self inflict our own reality defining home as our transitory safe haven from one moment to the next. Home – whether physical or abstract, whether conscious or subconscious – is never static yet is always complete in its incompleteness. We will always belong to the entirety that is life; in each precise moment it is a gesamtkunstwerk but it is dynamic, and therefore as soon it is whole it is already lacking as time has passed and the search endlessly continues.


Jarrell Chalmers

Submission — Jarrell Chalmers

Mustache And High Heels

31. August 2014 — MYP No. 15 »My Homeland« — Text: Jarrell Chalmers, Photo: Michael Stein

New York is more than just a place, it is an idea. New York is taking the 2 Train to Canal to find the perfect sunglasses.

New York is showing up 15 minutes late to the show and fixing your hair right outside of the venue. It is a mustache in Williamsburg and high heels on the upper west side.

New York is sneaking into fashion week and greeting celebrities you only dreamt of meeting. It’s the underground warehouse party in Brooklyn you promised your mom you wouldn’t go to.

But most of all, New York is an opportunity that you cannot find anywhere else in the world.


Valentin Scharf

Submission — Valentin Scharf

Auf der Suche

31. August 2014 — MYP No. 15 »Meine Heimat« — Text & Foto: Valentin Scharf

Ich bin auf der Suche nach einer Neuen.

So hart es sich auch anhören mag, aber meine Alte muss ich leider verlassen. Meine Schulzeit ist vorbei und jetzt ziehe ich um. Ein neues Kapitel meines Lebens wartet auf mich und jetzt bin ich offen und bereit für was Neues.

Aber zurück zu ihr.

Schön muss sie sein, auf eine natürliche Art und Weise schön, so dass ich meine Freunde auch mal einladen kann und auch sie begeistert von ihr sind. Sie muss dieses gewisse Etwas haben. Ich will mich wohl fühlen bei ihr, will ganz ich sein können und stolz darauf sein, mit ihr zusammen ein Leben zu führen. Oder wenigstens einen Abschnitt meines Lebens. Klingt vielleicht kitschig, aber so ein kurzes Affären-Ding soll es nicht sein. Ich will schon etwas mit Perspektive.

Da kommt es mir auch gar nicht so sehr auf das Äußere an, sondern vielmehr darauf, wie wir harmonieren und inwiefern sie mir Raum für meine eigene Entfaltung gibt.

Zusammen mit ihr will ich großartige Momente erleben, durch sie neue Menschen kennen lernen und mich selbst weiter entwickeln.

Natürlich kann sie meine Familie niemals ersetzen, denn das Gefühl, was ich im Beisein meiner Eltern, meiner Schwester und mit Omi und Opi habe, das kann man nicht einfach duplizieren. Aber sie kann mir dafür etwas anderes geben. Vielleicht das Gefühl von Freiheit und Unbeschwertheit, von Unabhängigkeit und Lebenslust.

Ich glaube nicht, dass es „DIE EINE“ gibt im Leben, aber sicherlich gibt es solche, die perfekt sind für die momentane Lebenslage. Liebe auf den ersten Blick schließe ich da allerdings nicht aus.

Ich bin auf der Suche nach einer Neuen.
Und ich weiß, ich werde sie finden.


David Schreyer

Submission — David Schreyer

Land Of Milk And Müller

31. August 2014 — MYP No. 15 »Meine Heimat« — Text & Fotos: David Schreyer

Die kleine Gemeinde Pähl, am bayerischen Ammersee gelegen, ist die Heimatgemeinde des deutschen Mittelfeldspielers Thomas Müller. Natürlich ließ es sich die Einwohnerschaft nicht nehmen mit ihrem Thomas, ein Finalspiel lang zu leiden.

Am Abend des 13. Juli 2014 war Müller 120 Minuten lang teil des Finalkrimis. Am Ende stemmte die deutsche Fußballnationalmannschaft den Weltmeisterpokal. Und Pähl schrie vor Glück. Um am nächsten Tag sein Leben in aller Normalität fortzusetzen.


Katharina Maria Zimmermann

Submission — Katharina Maria Zimmermann

Heimatliebe in Buchform

31. August 2014 — MYP No. 15 »Meine Heimat« — Tex & Foto: Katharina Maria Zimmermann

Daheim. Dahoam. Das ist mein Kater Leopold. Der Geschmack von Walderdbeeren. Die Freiheit einer Hängematte. Oder das Gefühl, wenn man beim Schnapsen einen 20er ansagen kann. Ich komme aus der Steiermark. Das ist der Ort, an dem man eine Mischung bestellt, keinen Spritzer und schon gar keine Schorle. Bei uns tropft der Salat vor dunkelgrünem Kürbiskernöl. Und beim Heuarbeiten stechen dich bei 30 Grad im Schatten die Bremsen. Die Steiermark schmeckt nach Hollersaft, riecht nach frisch gemähtem Gras und fühlt sich manchmal an wie Feinstaub.

Ich erinnere mich an die weiß getünchte Küche meiner Uroma und ihre Lade mit Staubzucker, aus der ich manchmal kosten durfte. Außerdem ist da der Duft von frisch gebratenen Maroni – der Sturm und der Tag danach kamen erst viel später in das Memory meiner Erinnerungen. Als Kind geht man gerne Schwammerlsuchen im Wald und manchmal wird man auch fündig. Wahrscheinlich auch, weil man dem Boden näher ist. Und schmeckt Himbeer-Zitrone-Sirup nicht am allerbesten auf der Alm? Erst viel später wurde mir bewusst, dass die Kuhtränke nicht mein persönlicher, steinerner Swimming Pool war.

Doch dann war ich auch schon das erste Mal am Meer und das gibt es bekanntlich in der Steiermark nicht. Nur Seen gibt’s. Im Süden sind sie tendenziell eher angelegt zum Baden oder Fischen. Im Norden, wo die Berge wohnen, können sie die Spiegel deiner Seele sein, wenn du nur lange genug reinschaust. Wunderbar ist hierfür die Steirische Krakau.

Aber damit ich Orte wie diesen kennenlernen durfte, musste ich erst ein Buch über das ferne Cornwall schreiben und danach von meiner guten Freundin Vera überredet werden, das nächste doch der eigenen Heimat zu widmen. Seitdem ändert sich mein Verhältnis zur Steiermark. Je mehr ich sie kennenlernen darf, desto vertrauter wird sie mir. Sie bekommt mehr Gesichter als die meiner Familie und meiner Freunde. Vom Ausseerland, wo die Tracht daheim ist, bis nach Bad Radkersburg, wo die Innenhöfe einen in ihren Bann ziehen, lerne ich dieses vielfältige Fleckchen Erde kennen, das ich auch noch meine Heimat nennen darf.

Dabei sammle ich die Eindrücke als Fotos und schreibe sie in einem großen, schwarzen Buch nieder. Damit dann, wenn im Norden schon der Schnee fällt und das Christkind vor der Tür steht, ein kleines, grünes Buch entstehen kann, in dem Vera und ich unsere Heimat portraitieren. So authentisch, wie sie uns begegnet, werden wir auch über sie schreiben. Da kennen wir nix!

Unseren Abenteuern von Dachstein bis Baby-Katzerl kann man auch auf Facebook folgen: www.facebook.com/eatwritelive


Moritz Maier

Submission — Moritz Maier

(Schwarz)Wald

31. August 2014 — MYP No. 15 »Meine Heimat« — Text & Foto: Moritz Maier

„Sie müssen das schon verstehen, er ist halt ein echter Schwarzwälder“, sagte sie und obwohl ich hätte verstehen sollen, was sie meinte, verstand ich es nicht.

Es war das erste Mal seit Jahren, dass ich wieder richtig tief in die Berge und Täler hineingefahren war. Unten war es hell und die Sonne schien so stark, dass man nur noch weißes Flimmern wahrnehmen konnte. Die Hitze machte es einem fast unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. Meine Sehnsucht wurde immer größer – nach ein paar Grad weniger, nach tiefen, smaragdgrünen Wäldern, nach frischem, rauschendem Wasser und nach weichem, saftigem Moos.Ich konnte nicht mehr widerstehen.

Ich fuhr also die engen, kurvigen Straßen entlang, das alte Auto kämpfte sich Höhenmeter um Höhenmeter empor. Da das Auto keine Klimaanlage hatte, merkte ich trotz des Fahrtwindes, wie mein T-Shirt nach und nach an mir zu kleben begann. Nachdem ich viele Male abgebogen war, die Straßen immer enger wurden und die Temperatur immer kühler, merkte ich, dass mir die Gegend langsam vertrauter vorkam. Irgendwann, als ich das Gefühl hatte, ich würde jeden einzelnen Baum kennen, hielt ich an, stellte den Motor ab und stieg aus.

Diesen Weg war ich früher unzählige Male gegangen. Durch die hohen Baumwipfel kam vergleichsweise wenig Licht, man hörte nur die Geräusche des Waldes.

Die Luft war frisch und roch nach Harz. Ich setzte mich ins Moos, schloss meine Augen und dachte nach. Ich dachte an die Diskussion mit meinem Vermieter, warum ich mich dort, wo ich jetzt lebe, nicht recht wohlfühle. Und an die Worte meiner abgezehrten Nachbarin, die sich wie immer einmischte: „Sie müssen das schon verstehen, er ist halt ein echter Schwarzwälder“. Jetzt war ich wieder dort, wo ich scheinbar hingehörte, war wieder tief im Wald, abgeschnitten von Vielem, nah an Anderem. Es fühlte sich vertraut an, es fühlte sich ruhig an.

Nachdem ich so einige Zeit im Moos gesessen hatte, spürte ich, wie meine Hose von unten klamm wurde. Kleine Tierchen begannen, über meine Hände zu krabbeln, irgendetwas hatte mich in den Nacken gestochen.


Jonas Meyer

Submission — Jonas Meyer

Nr. 17

31. August 2014 — MYP No. 15 »Meine Heimat« — Text & Foto: Jonas Meyer

Dass der Abend des 15. März so einiges verändern sollte, das hätte man sich auch schon vorher denken können – genauer gesagt zwei Tage vorher in der Lobby des Michelberger. Irgendetwas lag da in der Luft, das spürte man.

Die Vorfreude war gewaltig – und wurde nicht enttäuscht: Mit jeder Minute, die der Abend älter wurde, wuchsen Neugier, Glück und Hoffnung.

Das Wetter war bescheiden, leichter Regen über Mitte. Aber wen kümmerte es? Dauergrinsen, Achterbahn, Hochgefühl – von Station zu Station offenbarte sich der große Schatz ein Stückchen mehr: Es musste einfach so kommen, es ging gar nicht anders.

Das Warm-up in der Piano Bar: die gleiche Aufgeschlossenheit. Das Essen bei Monsieur Vuong: der gleiche Geschmack. Die Longdrinks bei Jean: das gleiche Ritual. Die „Sex and the City“-Mütter im Amano: der gleiche Humor. Die Flucht vor dem Regen zu Hackbarth’s: der gleiche Pragmatismus.

Das Wetter wurde immer schlechter, dicke Wassertropfen prallten auf den Asphalt. Plötzlich ein schützender Hauseingang. Gipsstraße Nr. 17: der gleiche Gedanke.

Pause.

Immer noch Regen, es wollte nicht aufhören. Also rein ins Taxi, Richtung Ostbahnhof. Mittlerweile war es tiefe Nacht.

Berghain: der gleiche Bewegungsdrang. Die gleiche Energie. Die gleiche Vernunft.

Sonntagmorgen, die Sonne ging auf. Schlafen. Aufwachen. Sehnsucht.

Strahlend blauer Himmel.

Heimat war ab jetzt kein Ort mehr. Heimat war ab jetzt etwas anderes.


Josh Byer

Submission — Josh Byer

Stanley Park

31. August 2014 — MYP No. 15 »My Homeland« — Text & Artwork ``Lily Garden in Stanley Park``: Josh Byer

Down the street from my tiny Vancouver apartment, somewhere in the gargantuan labyrinth of Stanley Park, are the miraculous flower gardens that I’m supposed to be writing about. Instead, I’m an Irish pub with my Hungarian girlfriend, sipping Columbian decaf from a Swiss-made cup, wondering what being Canadian means.


Peter Nitsch

Submission — Peter Nitsch

Zwischen zwei Heimaten

31. August 2014 — MYP No. 15 »Meine Heimat« — Text & Foto: Peter Nitsch

Mehr als 40 Jahre lebte er in Deutschland, zehn davon teilten wir uns als Nachbarn. Zusammen mit seiner Frau hatten sie den Plan, nach Berlin zu gehen, der Heimatstadt seiner Frau. Dazu sollte es nicht mehr kommen, sie verließ unversehens die Welt.

Berlin, das schien die eigentliche Heimat des in München lebenden Bauingenieurs zu sein. Die Wohnung war im Stil eines Berliner Altbaus eingerichtet. Lindgrüne Wände, Jugendstil-Lampen, Berliner Kunstdrucke, Holzmöbel aus der Zeit des frühen 20. Jahrhunderts.

Nach dem Tod seiner Frau war er innerlich hin- und her gerissen: Sollte er nach Berlin gehen, dem Lebensplatz der Familie seiner Frau – oder doch in seine alte Heimat Iran, wo noch seine Geschwister leben? Die Frage war und ist nicht leicht zu beantworten.

Vor zwei Jahren flog er das erste Mal für mehrere Monate in seine Heimatstadt Teheran. In dieser Zeit passten meine Frau und ich auf seine Wohnung auf, gossen die Blumen und leerten den Briefkasten. Er kam zurück, doch war er innerlich noch unsicherer als vorher. Wo er sich denn zu Hause fühlte, was seine Heimat war – diese Fragen beschäftigten ihn weiterhin. Teheran kannte er nur aus seinen Erinnerungen und nach über 40 Jahren hat sich viel verändert: Die Stadt hat sich verändert und die Menschen auch.

Letztes Jahr reifte in ihm der Entschluss, doch ganz und für immer nach Teheran zurückzugehen. Er verpackte die wichtigsten Erinnerungen in Schachteln, Bilder in Luftpolsterfolie, rollte und schnürte seine Teppiche und verschiffte alles in einem Container.

Das Foto konserviert einen Moment – es sieht so aus, als ob alles gerade im Zustand des Verpackens ist – es zeigt jedoch den letzten Augenblick eines zurückgelassenen Lebens, einer hinter sich gelassenen Heimat.

Der Rest seiner Erinnerungen verweilt noch in seiner jetzt ‘alten’ Heimat, die jedoch nie die ‘neue’ Heimat erreichen werden. Sie werden innerhalb der Verwandtschaft in Deutschland aufgeteilt, da er wollte, dass die Erbstücke seiner Frau im ‘gewohnten’ Umfeld ‘weiterleben’.

Heimat sind Erinnerungen, vertraute Momente, die einem Geborgenheit geben. Heimat entsteht, wenn man die Fähigkeit hat, sich dort wohlzufühlen, wo man ist. Heimat ist auch, wenn man inneren Frieden gefunden hat, wie auch immer dieser aussieht. Heimat kann man sich machen. Egal wo.


MYP14 – Prolog "Meine Wut"

Editorial — MYP Magazine N° 14

Prolog »Meine Wut«

3. Mai 2014 — Boris fotografiert von Maximilian König

— Boris im Interview